Seit 1997 gibt es am Campus in Koblenz das Ada-Lovelace-Projekt, das bei Mädchen ab der 5. Klasse Interesse für naturwissenschaftliche und technische Fächer wecken soll. Während Workshops, Projekten und AGs zeigen Studentinnen der Universität den Schülerinnen: Wir gehen unseren Weg in diesem Bereich. Ziel ist es, bei Mädchen und jungen Frauen das Selbstvertrauen hierfür zu stärken und durch praktische Experimente und Erfolgserlebnisse zu begeistern.
Seit Jahren verstärkt sich der Fachkräftemangel in Deutschland, vor allem sind Frauen im naturwissenschaftlichen Bereich stark unterrepräsentiert. Die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) werden oft als Männerdomäne gesehen und von vornherein von jungen Frauen und Schülerinnen bei der Berufswahl außen vor gelassen.
Diesem Problembereich hat sich das Ada-Lovelace-Projekt (ALP) verschrieben, versucht dem entgegen zu wirken und junge Frauen für den MINT-Bereich zu begeistern. “Mädchen haben oft Berührungsängste mit naturwissenschaftlichen Fächern, sie trauen sich nicht zu, in diesen vermeintlichen Männerberufen zu bestehen. Mangelndes Selbstvertrauen spielt da eine ganz große Rolle”, berichtet Sarah Kasper-Brötz, Mitarbeiterin beim ALP. Ihre Kollegin Tanja Gnosa ergänzt: “Oftmals sind Mädchen in MINT-Fächern besser als Jungs, glauben aber, dass sie mehr dafür tun und sich zusätzlich anstrengen müssen.”
Erfolgserlebnisse herbeiführen und für ein Studium begeistern
Das Ada-Lovelace-Projekt teilt sich in drei Bereiche: Studium, Ausbildung und Diversity. Kasper-Brötz ist Projektleiterin im Bereich Studium, der Schülerinnen für MINT-Fächer begeistern soll. “Mentorinnen, das sind Studentinnen aus Koblenz, die im naturwissenschaftlichen Bereich studieren, fungieren als Vorbild. Während Workshops und Projekttagen, in Arbeitsgruppen an Schulen oder bei Infoveranstaltungen begeistern sie die Mädchen für ein naturwissenschaftliches Studium”, erklärt Kasper-Brötz die Idee. Einblicke in die Hochschule erhalten die Mädchen während Veranstaltungen am Campus oder während Ferienfreizeiten.
Besonderen Wert legt Kasper-Brötz auf praktische Erfahrungen und Erfolgserlebnisse. So können die Schülerinnen während Arbeitsgemeinschaften nach dem Unterricht selbst aktiv werden und löten, chemisch experimentieren, zusammenstecken, bauen oder programmieren. “Besonders toll ist es, wenn die Mädchen etwas mit nach Hause nehmen können”, sagt sie, “dann werden sie zum einen immer wieder an ihr Erfolgserlebnis erinnert, können zum Beispiel aber auch ihren Vätern zeigen, was sie geleistet haben. Diese haben nämlich oft einen sehr großen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Töchter.”
Schluss mit Vorurteilen – Starke Mädchen in MINT-Ausbildungen
“Der andere Teil des Projekts konzentriert sich eher auf Schülerinnen in den Abschlussklassen und soll junge Frauen über eine Ausbildung im MINT-Bereich informieren”, so Gnosa. Dem Fachkräftemangel könne nicht ohne spezielle Förderung von Frauen entgegengewirkt werden. In Zusammenarbeit mit lokalen Firmen bietet das Projekt die sogenannte “Schnupperausbildung” an. Gnosa erklärt das Prinzip: “Während eines Tages im Monat können hier Mädchen in die kooperierenden Betriebe hineinschnuppern, machen ein Bewerbungstraining, Betriebsführungen und nehmen an Praxisworkshops teil. Man muss sich das vorstellen wie eine Art Praktikum.”
Auch organisiert das ALP jährlich den “Girls’ Day” für rund einhundert Schülerinnen am Campus in Koblenz, bietet mehrtägige Ferienangebote an und ist auf diversen Messen, den azubi- und studientagen und der Nacht der Technik in Koblenz vertreten.
Diversity – Für Schülerinnen in besonderen Situationen
Der dritte Teil des ALPs hat einen anderen Schwerpunkt. Christine Buchwald ist Projektleiterin des Diversity-Bereichs und unterstützt Mädchen in besonderen Situationen: mit Migrationshintergrund, körperlichen Einschränkungen oder aus Nicht-Akademiker-Familien. Über mehrere Monate hinweg werden die Schülerinnen bei ihrem Weg in eine Ausbildung oder ein Studium begleitet und beraten.
Eine lange Tradition, die in Koblenz gegründet wurde
Das Ada-Lovelace-Projekt wurde bereits 1997 als Einrichtung der Pädagogischen Hochschule in Koblenz gegründet und hat sich seitdem auf sieben weitere Hochschulstandorte in Rheinland-Pfalz ausgeweitet. Nach wie vor liegt die zentrale Koordinierungsstelle für alle Standorte am Campus in Koblenz unter Leitung von Prof. Dr. Claudia Quaiser-Pohl. Wissenschaftlicher Verantwortlicher für den Campus Koblenz ist Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert.
Finanziert wird das Projekt vom Sozialfonds der Europäischen Union, vom Landesministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen, dem Landesministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie von der Universität Koblenz-Landau.
Heute ist das ALP fester Bestandteil der Bildungslandschaft an den sieben Standorten in Rheinland-Pfalz und wichtig für die kooperierenden Schulen. Im vergangenen Jahr wurden allein in Koblenz über 1.100 Schülerinnen erreicht und rund 120 Veranstaltungen angeboten. Auch wurde das Projekt eingebunden in das Institut für Psychologie, das im Rahmen des Lehramtsstudiums ein Seminar zu gendergerechter Technikerziehung anbietet.
Hannah Wagner