„Wer nicht lacht, wird unverzüglich exmatrikuliert!“ so lautete das Motto des SWR3 Comedy Campus, der am vergangenen Freitag in Koblenz Station machte. Die Comedians Andreas Müller, Nico Semsrott und Tobias Mann überzeugten den vollen Hörsaal nicht nur mit Parodien auf so manche Person des öffentlichen Lebens. Auch ihre Sprüche waren flott. Campus-Reporterin Lisa Dillenberger hat sich die besten notiert.
Wenn es darum geht, Politiker zu imitieren, ist Andreas Müller der Star des Abends. Er kann das so gut, dass man meinen könnte, sie wären es selbst da auf der Bühne. Mehrmals werden Videos von Politikern im Gespräch abgespielt, die er mit spitzen Statements “synchronisiert”. Oft dreht es sich um den Tiefbahnhof in Stuttgart. An einer Stelle darf sich auch Ex-Ministerpräsident Kurt Beck darüber auslassen: „Hätte man die blöde Achterbahn am Nürburgring nicht unterirdisch planen können? Dann wäre ich jetzt auch noch im Amt.“
Musikalisch ist Andreas Müller auch: Als Angela Merkel stimmt er Tim Bendzkos Lied „ Nur noch kurz die Welt retten“ an. „Ich muss doch unser Geld retten/ wer weiß was noch passiert/ sonst müssen wir bald auf Feldbetten penn’/ wer weiß, wer noch kassiert/ und es kassieren so viel. Noch 148 Schecks decken….“ Und wirklich los lässt ihn die Kanzerlin auch nach dieser Gesangseinlage nicht. Warum nur hält sie immer ihre Hände in Dreiecksform vor ihren Bauch? Ob sie damit die „Mitte“ und Stabilität verkörpern möchte? Oder ist es vielleicht doch der zuvor geschnüffelte Sekundenkleber, der ihre Gliedmaßen immer wieder zusammenkleben lässt? Eine Antwort darauf erhalten die Zuschauer nicht.
Lustige Unglückskekse
Nach Müller kommt Nico Semsrott. Sein Programm heißt „Freude ist nur ein Mangel an Information“. Klingt nicht besonders fröhlich. Ist Semsrott auch nicht. Im Gegensatz zu Müller, für den das Glas halb voll ist, verkörperte er die geballte Negativität. Zu Beginn seiner Show stellt er sich darum auch mit folgenden Worten vor: „Ich bin Nico, 23 Jahre alt, und kam aus Versehen. Ich spreche immer über Depressionen, weil sich daran jeder aufhängen kann“.
Sein Seelenheil findet er in “Unglückskeksen”, für deren Verkauf er in der Show immer wieder wirbt (der Erlös geht schließlich an alleinerziehende Kinder). Ihre Sinnsprüche flechtet er gern in seine Reden ein: „Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber sie stirbt“. Das geht soweit, dass ein Zuschauer den Comedian in der Pause fragt, ob er immer so pessimistisch ist oder ob er eine Rolle spielt. Darauf antwortet Semsrott programmatisch: „Ich spiele überhaupt keine Rolle“.
Semsrott Show unterstützt eine PowerPoint Präsentation, auf der immer wieder Wortspiele oder Sprachbilder auftauchen. Nicht zu vergessen: eine Stimmungskurve, die, wer hätte es anders erwartet, stark nach unten abfällt. Am Ende schließt er seine Darbietung mit dem Unglückskeksspruch: „Das Leben ist eine Krankheit, die durch Sex übertragen wird und in jedem Fall tödlich endet“. Und er wirbt noch schnell für Not-to-do-Listen und Verspekulatiuskekse, die man auf der Internetseite www.unglueckskekse.de kaufen kann.
Digital native, Digital dummies und betreutes Twittern
Der Dritte im Bunde ist Tobias Mann. Eine hektische und aktive Person. Und gleichzeitig auch der gesellschaftskritischste der drei. Er ist der Meinung, die Menschen könnten der Flut an Nachrichten nicht standhalten. So entstünden beispielsweise Informationen wie „Schavan lässt ihre Doktorarbeit von Amazons Billigarbeitern schreiben“. Politiker betreiben zu oft „ Nordic Talking“ -Reden mit Stock im Allerwertesten . Und überhaupt lerne man ja weder in der Schule noch in der Universität nichts mehr fürs Leben. So habe er in einer reinen Jungenschule sechs Wochen über das Liebesleben der Blattlaus diskutiert, von Mädchen aber immer noch keine Ahnung. Er kann alle Erdschichten in Kasachstan benennen, aber wenn man ihn in Köln aussetzt, findet er allein nicht mehr nach Hause. Dank an den neuen Schutzpatron, den „Heiligen TomTom“, der den Menschen wohlbehütet nach Hause geleitet.
Diese durch Technik bestimmte Generation beschreibt Mann als „digital native“. Es gibt aber auch noch die Generation der „Digital dummies“. Zu dieser Gruppe gehören Menschen, die nachts panisch ihre Kinder anrufen und klagen „Mein Word ist weg!“. Oder Politiker, die keine Ahnung von Twitter haben und darum auf betreutes Twittern, unterstützt durch junge Hilfskräfte, umsteigen. Tobias Mann plädiert indes für eine Kooperation zwischen Schulen und Fast Food-Unternehmen, um die Schüler dort abzuholen, wo sie gerade sind und sie für neue Lehrkonzepte zu begeistern. Für die deutsche Literatur zum Beispiel. Er rappt los: Goethes Faust in fünf Minuten mit wechselnden Charakteren. „Gretchen und Faust in da house und MC Phisto“. Dafür wird sich jeder Schüler begeistern. Bestimmt.
Lisa Dillenberger