In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute fragt sich Lisa Engemann, warum man immer genau das haben will, was man gerade nicht hat. Ein anderen Alltag zum Beispiel.
Ein Student hat nicht gerade einen geregelten Lebensstil. Der Stundenplan in der Vorlesungszeit gibt dem Alltag zwar eine gewisse Struktur, aber so richtig Feierabend hat man eigentlich nie. Das ist im Studium eigentlich nur der Fall, wenn man sich selbst sagt: So, Schluss für heute. Es gäbe trotzdem immer noch etwas zu lesen oder zu lernen. Im vergangenen Semester hatte ich hier und da eine Vorlesung oder ein Seminar, mal früh morgens, mal spät abends. Aber damit ist es nicht getan: Der ideale Student arbeitet zu Hause mindestens noch einmal genauso viel, um die Veranstaltungen vor- und nachzubereiten. Und spätestens in der vorlesungsfreien Zeit müssen wir uns wieder komplett selbst organisieren, sie ist meist vollgepackt mit Seminararbeiten, Prüfungen und – um sich optimal auf die berufliche Zukunft vorzubereiten – natürlich Praktika.
Auch bei mir stand in den vergangenen Semesterferien ein Vollzeitpraktikum an. Ich habe mich auf diese Art der Arbeit gefreut, weil so eine Vollzeitstelle mir das bietet, was viele Menschen später als langweilig empfinden: Es ist jeden Tag das Gleiche. Zumindest, was die Arbeitszeiten angeht. Die variieren nicht wirklich, sondern sind regelmäßig – das ganz Jahr über. Ich habe mich darauf gefreut, einen richtigen Feierabend zu haben. Da lasse ich die Arbeit im besten Fall am Schreibtisch zurück und muss nicht abends noch Texte lesen.
Nach den ersten Wochen kam schnell die Ernüchterung. Es war zwar alles, wie ich es mir vorgestellt hatte, und woran ich dort gearbeitet habe, begeistert mich heute noch. Doch irgendwann merkte ich, dass ich zwei Dinge sehnlichst vermisste: Zum einen Schlaf. Manchmal nur bis sieben, aber manchmal auch bis zwölf Uhr. Und zum anderen die Flexibilität, dass ich zum Beispiel den Haushalt nicht noch nach Feierabend oder am Wochenende machen muss, sondern sich die Gelegenheit auch zwischendurch dazu bietet. Während des Praktikums war ich den ganzen Tag unterwegs und abends so müde, dass ich nichts mehr unternehmen konnte. Dabei dachte ich eigentlich, ich hätte mehr Freizeit, weil die Arbeit ja bei der Arbeit bleibt.
Gefühlsstatus: Noch lieber Studentin sein
Das ist eben der Unterschied: Bei Nine-to-Five-Jobs hat man unter der Woche nur Arbeit, am Wochenende im Idealfall nur Freizeit. In der Vorlesungszeit an der Uni findet, zumindest bei mir, wieder alles durchmischt statt und ist flexibel änderbar. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Nur: Warum will ich immer das, was ich gerade nicht habe? Schon während des Praktikums habe ich mir gedacht: Ich wette, sobald die Vorlesungszeit wieder beginnt, sehne ich mich nach meinem geregelten Acht-Stunden-Tag zurück.
Jetzt, wo die Vorlesungszeit wieder angefangen hat, bin ich wieder Studentin. Es macht mir Spaß, zu lernen und Wissen zu verknüpfen. Vor allem über eins freue ich mich: Länger schlafen. Oder auch mal unter der Woche feiern gehen. Ich kann mir aussuchen, wann ich was mache. Wenn ich gar nichts mache, ist das irgendwann nur allein mein Problem. Ist das nicht die pure Freiheit?
Merkwürdig, dass mich wahrscheinlich in ein paar Monaten genau diese Freiheit wieder stören wird. Aber dann ist ja die nächste vorlesungsfreie Zeit und ein neues Semester beginnt. Das ist für mich das Schöne am Studentenleben: Es wird niemals langweilig!
Lisa Engemann