In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute berichtet Hannah Wagner von einer Sucht, die unerwartet in ihr Leben trat und sie sogar in ihren Träumen heimsucht.
Viele Menschen haben Süchte. Ich würde fast sagen, jeder hat etwas, von dem er – bewusst oder unbewusst – abhängig ist. Das können Zigaretten oder Alkohol sein, aber auch der leckere, heiße Kaffee am Frühstückstisch. Die Liste der potenziellen Süchte ist lang: Medikamente, Computerspiele, Internet, Handy, Essen, Shopping, Arbeit, Sport, Liebe…. Eine Sucht ist eine “krankhafte Abhängigkeit von einem bestimmten Genuss- oder Rauschmittel oder ein übersteigertes Verlangen nach etwas, einem bestimmten Tun”, definiert der Duden. Demnach glaube ich, dass man von allem irgendwie abhängig sein kann ,oder wie es heute im jugendlichen Sprachjargon heißt: Man kann alles “suchten”.
Auch ich selbst kann das ein oder andere in meinem Leben als Sucht benennen, mein tägliches Bedürfnis nach Sport und Bewegung zum Beispiel, meine Dusche am Morgen, ohne die ich den ganzen Tag in den Seilen hänge oder den Espresso, den ich nach jedem Mittagessen trinke. Seit zwei Wochen suchte ich aber etwas für mich vollkommen Neues, etwas mir Unbekanntes, etwas, wovon schon viele andere abhängig waren und sind. Eine Sucht, die sich verbreitet hat wie ein Lauffeuer, Menschen in ihren Bann gezogen und nie wieder losgelassen hat, eine Sucht, die einen zwingt, immer weiterzugehen und immer mehr zu konsumieren, niemals aufzuhören: die Serie ‘Game of Thrones’.
Ja, ich bin süchtig!
Mein Weg zur Sucht begann erst vor kurzem, als ein Freund mir die erste Dosis in Form der ersten zwei Folgen verabreichte. Okay, er hat mich nicht gezwungen, ich habe mich auch nicht gewehrt, aber das Resultat ist verheerend, fast beängstigend: Ich begeistere mich plötzlich für Drachen, Wölfe, magische Wesen und Widergänger, für Schlachten zu Fuß, zu Pferd und auf See, für brutale Kämpfe, Intrigen, Listen, Freundschaften und Treue und für eine so unfassbar verzwickte Story, dass ich ständig die Stammbäume der Familien studieren muss, um überhaupt einen Überblick zu behalten.
Inzwischen bin ich bei Staffel drei. Seither ist fast kein Tag vergangen, an dem ich nicht mindestens eine Folge gesehen oder über die Geschichten und Schicksale der Protagonisten gegrübelt habe, als seien sie gestern in meiner Nachbarschaft geschehen. Ja, tatsächlich habe ich auch schon davon geträumt. Die Serie hat sich abrupt in mein Leben gestellt, sich ausgebreitet und mich vollkommen vereinnahmt. Das Schlimmste ist übrigens, dass ich bestimmt bald alle fünf Staffeln durchgesehen habe. Was dann? Die sechste kommt erst im April…
Eigen-Therapie-Versuch
Vergangene Woche dann die Einsicht: Diese Sucht muss ich in den Griff bekommen! Ich habe zwar keine körperlichen Schäden, aber der Zeitverlust für mein verplantes Studentenleben ist enorm. Und wie genau behandelt man eine Serien-Sucht? Ein Entzug oder eine Therapie schienen mir nicht angebracht, klare Regeln schon eher. Deshalb habe ich mich als mein eigener Therapeut engagiert und einen Plan zurechtgelegt: Jeden Tag nur eine Folge von Staffel 4 und 5, macht 20 weitere Tage Game of Thrones, also fast drei Wochen. Danach sehen wir weiter. Als mein Therapeut muss ich allerdings sagen: Misslungener Versuch! Eine Erkältung, die ich gelangweilt im Bett verbrachte und das unbändige Verlangen, zu sehen, wie es nach dem Cliffhanger am Ende einer jeden Folge weitergeht, haben den Plan durchkreuzt. Zum Glück lässt das Bedürfnis nach Mehr bei der Serien-Sucht nach ein paar Tagen nach – praktisch, dann kann ich mich ja endlich meiner neuen Sucht zuwenden. ‘Californication’ heißt die, spielt im heutigen Kalifornien und behandelt das Leben des attraktiven Schriftstellers Hank Moody…
Wenigstens sind bei deiner neuen Sucht sind die Folgen nur etwa halb so lang und es gibt derzeit mehr Staffeln. Eventuell gute Voraussetzungen für dich, um die Sucht besser in den Griff zu bekommen und mehr Zeit fürs Studium zu haben. 😉