In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute erzählt Clara Jung, warum es sie glücklich macht, das Jahr 2016 mit einem “Nichts” zu beginnen.
„Und, was nimmst du dir vor?“ Jedes Jahr an Silvester dieselbe Frage. Was soll ich sagen? Ich möchte weniger Schokolade essen und mehr Sport treiben, wesentlich mehr für die Uni lernen, und auch mal Vorlesungen besuchen, die nicht Pflichtprogramm sind, Fristen einhalten (und zwar so, dass ich nicht in der Nacht vor Abgabe noch alles fertigstelle), netter zu meinen Mitmenschen sein, öfter die Oma besuchen… Eine Liste, die ich ewig weiterführen könnte.
Ich bin ja ein Fan von Listen. To-Do-Listen sind fast schon so hip wie Veganismus oder Caps.. Warum? Es macht Spaß, Dinge wegzustreichen, wenn man sie erledigt hat – eine komische Angewohnheit, die ich mit vielen Menschen teile. Was Psychologisches bestimmt. Aber wer kennt sie nicht, diese Dinge auf den Listen, die nicht weggestrichen werden oder immer wieder auf die nächste Liste übernommen werden?
Gute Vorsätze – wenig Ausdauer
Bedauerlicherweise verhält es sich oft genauso mit den guten Vorsätzen. Zu Beginn des Jahres ist man motiviert, doch das euphorische Gefühl des Neustarts schwindet viel zu schnell. Bei den meisten guten Vorsätzen handelt es sich aber um Dinge, die lange anhalten und das Leben langfristig verändern sollen, damit die schlechten Gewohnheiten wegfallen. Wenn ich es schaffe, mich zwei Wochen lang tatsächlich alle zwei Tage in meine Laufsachen zu stecken und eine Runde zu joggen, bin ich begeistert von mir selbst – so begeistert, dass schnell ein fauler Gedanke in mir aufkeimt: „Du warst vergangene Woche so viel laufen, dass du diese Woche nicht ganz so oft gehen musst“ – und aus dem „nicht ganz so oft“ wird einmal oder eben keinmal. Super. Ein toller Erfolg. Und das, obwohl ich weiß, dass es mir nach dem Joggen immer richtig gut geht. Dass trotz dieses Wissens die Motivation ins Bodenlose sinken kann, ist mir ein Rätsel.
Ähnlich läuft es ab mit dem Vor-sich-Herschieben von Hausarbeiten. Warum zum Teufel mache ich das immer und immer wieder? Ich weiß doch genau, wie ich am Ende, kurz vor Abgabefrist an meinem Schreibtisch sitze wie ein Häufchen Elend. Die Bücher stapeln sich bis zur Decke und ich muss irgendwie an Informationen kommen, die für mein Thema wichtig sind. Würde ich mit dem Lesen einfach früher im Semester anfangen und mir währenddessen schon Notizen machen, wäre das Schreiben der Arbeit letztendlich ein Klacks. Aber nein. Jedes Mal die gleiche Misere.
Gewohnheitstier mit hartnäckiger Faulenzeritis
Tja, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wir sind es gewohnt, abends vor dem Fernsehen Schokolade und Nüsse zu naschen, nur ein- bis zweimal in der Woche zum Uni-Sport zu gehen und uns den Rest der Zeit mit Chillen auf der Couch zu belohnen. Eine Gewohnheit abzustellen, ist einfach unfassbar schwer.
Um es dennoch zu schaffen, braucht es kein Datum, kein Silvester und keine Uhrzeit. Dieses Gefühl, ich habe etwas geschafft, ich habe was Gutes getan, ich habe Menschen zum Lachen gebracht, ich habe mich selbst übertroffen, einen neuen Rekord aufgestellt, ich bin zufrieden mit dem, was ich geleistet habe – all diese schönen Gefühle könnte man eigentlich viel öfter haben. Oft steht einem nur die eigene Faulheit im Weg.
Ich persönlich bin also zu dem Schluss gekommen, dass ich mir gar nicht erst die Mühe mache, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was ich 2016 anders, besser oder erstmalig tun möchte. Deshalb lautet meine Antwort auf die Frage zu Beginn dieses Textes: „Nichts.” Ich habe mir nichts vorgenommen. Außer einfach nur zu leben und die schönen Momente aufzusaugen, die traurigen zu verarbeiten, aus ärgerlichen meine Lehren zu ziehen, die lustigen an andere weiterzugeben, meine Freundschaften zu pflegen.“ Das ist nicht Nichts? Ja, da könntet ihr Recht haben. Eine Liste habe ich trotzdem nicht.
Frohes neues Jahr!