Sportprogramm in Corona-Zeiten? Antonia Muriqi (29) hat während des Lockdowns Fitnessvideos für den Allgemeinen Hochschulsport (AHS) produziert. Sie hat in Koblenz Sportwissenschaften und Biologie auf Lehramt studiert und vier Semester Gesundheitsmanagement an der DhfPG in Köln. In ihrer Studienzeit hat sie beim AHS Kurse gegeben. Mittlerweile arbeitet sie als selbstständige Online-Gesundheitsmanagerin.
Wie kam es dazu, dass Sie beim AHS Online-Kurse gegeben haben?
Ich war meine komplette Studienzeit Trainerin beim Allgemeinen Hochschulsportes (AHS). Die Universität war nicht so weit von mir zu Hause entfernt, sodass sich das Training gut in den Alltag eingliedern ließ. Die Leiterin des AHS, Dr. Sabine Bauer, hat mich angesprochen, weil sie ein Online-Programm anbieten wollte. Leider konnten in der Zeit des Lockdowns keine Präsenzkurse stattfinden. So haben wir uns bereit erklärt, zusammen mit einem Sponsoring der Sparkasse Fitnessvideos zu produzieren. Mittlerweile bietet der AHS auch Live-Kurse online an. Auch hier habe ich den AHS unterstützt.
Was halten Sie von dem Online-Angebot?
Der Campus ist nicht nur zum Studieren da. In Campus Aktiv zeigen wir euch, was ihr hier noch erleben könnt.
Ich glaube, dass es für viele Studierende interessant ist, nicht abends für einen Kurs an die Universität zu fahren, sondern das Sportprogramm zwischendurch einzubauen. Manchmal hat man morgens keine Vorlesung, da kann man online einen Kurs besuchen. Ich fände es schön, wenn es etwas losgelöster vom eigentlichen Universitätsgeschehen wäre.
Wie kommen die Videos an?
Sie kommen sehr gut an. Die Sessions haben wir auf YouTube veröffentlicht und teilweise geteilt. Wir haben ausschließlich positives Feedback bekommen. Eine Schule in Koblenz hat die Videos sogar für ihre Klassen in der Corona-Zeit genutzt, als der Sportunterricht ausgefallen ist.
Wie nehmen Sie solch ein Video auf?
Zum Glück habe ich viel Erfahrung als Testimonial, also als Werbebotschafterin für ein Sportgeschäft und arbeite mit einem Sportteam in Berlin zusammen. Dort produzieren wir Videos mit Workouts und Gerätevorstellungen. Daher ist für mich die Vorbereitungszeit nicht sehr aufwendig. Meist weiß ich schon, was ich aufnehmen möchte. Außerdem sind es sehr kurze Videos. Wir zeigen pro Video fünf bis acht Übungen und ich bin seit zwölf Jahren Trainerin, da fällt es nicht so schwer, etwas auf die Beine zu stellen. Der Dreh selbst, der technische Background, die Produktion von gutem Material sowie die Nachbereitung sind sehr viel Arbeit.
Was bereitet Ihnen am meisten Freude bei der Produktion eines solchen Videoformats?
Gutes Feedback. Leider bekommt man bei der digitalen Version kein direktes Feedback von jemandem, der mitmacht. Mache ich einen Kurs live, ist das anders. Normalerweise ist eine gewisse Stimmung im Raum und man bekommt mit, was den Teilnehmenden gefällt oder nicht. Online muss man sich im Vorhinein Gedanken machen, welche Übungen gut ankommen könnten. Dafür muss man ein Gespür entwickeln.
Wie sind Sie in den Fitnessbereich reingerutscht?
Das kam schleichend. Natürlich bin ich nicht auf die Welt gekommen und habe gesagt: Ich werde digitale Gesundheitsmanagerin (lacht). Mein Abitur habe ich in eine gesundheitliche Richtung gemacht und habe dann Gesundheitsmanagement, Sportwissenschaften und Biologie studiert. Mit 16 Jahren bin ich Trainerin geworden und habe seitdem in verschiedenen Fitnessstudios Erfahrungen sammeln können. So habe ich mein Studium komplett selbst finanziert. Irgendwann habe ich erkannt, dass es einfacher ist, Online-Training anzubieten. Analog hätte ich neben dem Studium nicht fünf Kurse am Tag geben können. Deswegen war das Online-Angebot für mich sehr rentabel.
Wie kam es zu Ihrer Firmengründung?
Ich habe eine App entwickeln lassen und habe diese so weiterentwickelt, dass sie Firmen nutzen können. In meiner ersten App ging es um ein Eins-zu-eins Online-Coaching. Ich glaube, ich war eine der ersten im Raum Koblenz, die ihr Training online angeboten hat. Im Laufe der Zeit ist das Ganze gewachsen und habe die Firma gegründet. Mittlerweile habe ich vier Angestellte und arbeite mit meiner Mutter zusammen. Sie hat eine Praxis für Physio- und Ergotherapie. Prävention und Therapie ergänzen sich sehr gut. Zusammengerechnet haben wir 20 Beschäftigte.

Die Aufnahme der Videos fällt Muriqi aufgrund ihrer langen Erfahrung als Trainerin leicht. Foto: privat
Um was kümmert sich Ihre Firma?
Wir kümmern uns um digitale Gesundheitsförderung und digitales Gesundheitsmanagement in Firmen und Institutionen wie Schulen oder Universitäten. Wir produzieren Videos mit dem Ziel, dass unsere Kundschaft zu einem gesünderen Lebensstil findet, sich mehr bewegt und gesünder ernährt. Ich bin Geschäftsführerin und digitale Gesundheitsmanagerin von Digital&BGM und Gründerin der Marke Jobfluencer. Unser Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist spezialisiert auf Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitenden. Dadurch, dass wir aber vieles digital machen, könnten wir Unternehmen mit weit über 1000 Beschäftigten betreuen. Mit unserer Endkundenmarke Jobfluencer sprechen wir diese direkt an. Es soll nicht so sein: Die Leitung will, dass ihr euch wohlfühlt, deswegen machen wir jetzt BGM. Vielmehr sollte es vom Mitarbeitenden selbst kommen. Die Endkundenangebote können von Krankenkasse und Unternehmen unterstützt werden.
Wie kommunizieren Sie?
Bei uns läuft der Kundenkontakt vorwiegend über Social Media, also Instagram und Facebook. Dort platzieren wir unseren Content. Wir haben eine App entwickelt: Die „digital Human balance App“ (dHb- App). In der App gibt es verschiedene Foren und Gruppen. Wir veröffentlichen dort für die zahlende Kundschaft Sportübungen und Fitnesssessions. In der App geht es um Coaching, Stressbewältigung und Präventionshandlungsfelder. Bei unserer Marke Jobfluencer stellen wir auf unserer Instagram Seite viele Angebote vor, die Fitnessprogramme bereitstellen. Außerdem zeigen wir Fitnessstudios, produzieren dort Workout-Videos und stellen die Studios von Innen vor.
Bieten Sie auch Präsenztraining an?
Bis 2016 habe ich analoge Kurse gegeben. Seitdem nicht mehr. Ich selbst bin nicht mehr so aktiv. Ich arbeite eher im Gesundheitsmanagement und betreue Firmen.
Was sagt Ihnen mehr zu? Ein Video zu produzieren oder live vor Personen zu stehen?
Ein Video kann immer wieder genutzt und beliebig in den Alltag integriert werden. Gerade bezüglich Corona oder Familienplanung, Haushalt und Beruf kann man mit einem Video Sport flexibel zwischendurch eingliedern. Ein Kurs hat auch Vorteile. Man hat eine feste Gruppe und einen festen Termin.
Würden Sie Ihren Job weiterempfehlen?
Durch den demographischen Wandel ist es für Firmen wahnsinnig interessant, junge Menschen zu akquirieren und sie in eine Firma zu locken. Das klappt nur, wenn man neuen Angeboten innovativ und offen gegenübersteht. Ich glaube, dass digitales BGM irgendwann selbstverständlich sein wird. Tatsächlich bilde ich Trainer aus. Ab Oktober gebe ich Schulungen, in denen ich Personen aus dem Gesundheitsmanagement und der Sportwissenschaft dazu ausbilde, digitales BGM anbieten zu können.
Interview: Sarah-Maria Scheid