Aus dem Labor
Schreibe einen Kommentar

Wie geht es unseren Böden?

Dr. Julian J. Zemke besucht regelmäßig den Nationalpark  Hunsrück-Hochwald. Dort begleitet die Abteilung Geographie des Campus Koblenz ein Projekt, dass einst trockengelegte Hangmoore zurückbringen soll. Fotos: Julian J. Zemke

Dr. Julian J. Zemke besucht regelmäßig den Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Dort begleitet die Abteilung Geographie des Campus Koblenz ein Projekt, dass einst trockengelegte Hangmoore zurückbringen soll. Fotos: Julian J. Zemke

Ob es um die Renaturierung von Hangmooren oder das Abflussverhaltens von bimshaltigen Böden geht – Dr. Julian J. Zemke begeistert mit seiner Lehre viele Studierende. Seit 2011 arbeitet und forscht er an der Universität Koblenz-Landau. Aktuell vertritt er die Professur für Physische Geographie.

Sie haben lange an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn studiert und gearbeitet. Was hat Sie nach Koblenz verschlagen?

Ursprünglich habe ich in Bonn studiert und ab dem vierten Semester als Tutor und HiWi gearbeitet. Nach dem Studium habe ich mich bei Universitäten beworben und zum Sommersemester 2011 die Zusage in Koblenz bekommen. 2014 habe ich meine Doktorarbeit in Koblenz abgeschlossen und arbeite nun an meiner Habilitation.

Wollten Sie schon immer in Forschung und Lehre arbeiten? Gab es Alternativen für Sie?

In unserer Serie Aus dem Labor stellen wir Menschen und Projekte vor, die die Forschung voranbringen.

Ich habe schon vor Studienbeginn mit mir gerungen, ob ich nicht Lehramt studieren soll. Seit meinem Zivildienst an einer Förderschule für Menschen mit einer geistigen Behinderung habe ich gemerkt, dass mir Didaktik Spaß macht. Zunächst habe ich mich für das fachwissenschaftliche Studium entschieden. Dann habe ich glücklicherweise eine Tutorenstelle an der Uni erhalten. Rückblickend hätte ich es schade gefunden, nur zu forschen und die Lehre nicht dabei zu haben.

Was mögen Sie an der Arbeit in der Uni Koblenz allgemein?

Wir sind eine recht kleine Abteilung. In Bonn gab es acht bis zehn Professoren im Geographischen Institut. Die Arbeitsatmosphäre ist im kleineren Rahmen angenehmer, auch im Austausch mit den Studierenden.

Wie kommen Sie mit der neuen digitalen Lehrform zurecht? Welche Vor- und Nachteile sehen Sie darin?

Aktuell leiden gerade die praktischen Anteile im Labor oder Gelände unter der Situation. Laborvideos ersetzen keine selbst durchgeführten Versuche. Bei Vorlesungen kann der Digitalisierungsschub etwas bringen. Bei einer Vorlesung im klassischen Frontalunterricht war es definitiv von Vorteil, mit asynchronen Videos zu arbeiten. So können die Studierenden die Videos pausieren und wiederholt anschauen. Falls das kommende Wintersemester in einem althergebrachten Format stattfindet, möchte ich die Präsenztermine zur Vertiefung der Inhalte nutzen und die bereits bestehenden Vorlesungsvideos weiter nutzen.

Die Boden- und Hydrogeographie sind Ihre Spezialgebiete. Was begeistert Sie an diesem Thema und warum haben Sie sich für diesen Bereich entschieden?

Die Geomorphologie (untersucht formbildende Prozesse der Erdoberfläche, Anm. der Red.) und Hydrologie (Gewässerkunde, Anm. der Red.) haben mich am meisten angesprochen. Im Nebenfach kam die Bodenkunde dazu. Das Thema Boden wird häufig vernachlässigt. Guter Bodenerhalt sorgt für unsere Ernährungsgrundlage. Bisher ist der Boden erstaunlich wenig im Diskurs. Auch die genetische Klassifizierung des Bodens, also die Erforschung seiner Entstehung, ist sehr interessant. Später kam eine Arbeitsgruppe in Bonn zur  Paläohydrolgie (untersucht und rekonstruiert zurückliegende, hydrologische Prozesse, Anm. der Red.) dazu. Hier habe ich auch meine Diplomarbeit geschrieben. Wir haben uns in einem Strömungskanal die Strömung um Hindernisse angeschaut.

Ihre Forschung in der Bodengeographie beschäftigt sich mit Bodenverdichtung und Abflussverhalten im Boden. An welchem Projekt arbeiten Sie zurzeit?

Entwässerungsgraben mit Pegelrohr im Nationalpark Hunsrück-Hochwald.

Wir verfolgen zwei Projekte: Ein Projekt sind Hangmoore im Nationalpark  Hunsrück-Hochwald. Alle paar Wochen fahre ich hin, lese die installierten Pegel aus und warte sie. Dieses Projekt betreuen wir seit 2015. Wir begleiten dort eine Moorwiedervernässung. Im 19. Jahrhundert wurden durch den Wald Drainagegräben zur Trockenlegung der Moore gezogen, um Forstwirtschaft zu betreiben. Diese werden gerade verschlossen. Daher untersuchen wir, ob an den Abflussproben Unterschiede zu erkennen sind. Ziel ist es, das Wasser länger im Boden zu halten, sodass wieder Torfmoose wachsen könnten. Ich werde das hoffentlich erfolgreiche Ergebnis aber nicht mehr erleben. Denn Torfmoose wachsen nur wenige Millimeter pro Jahr. Langfristig sollen wieder Hangmoore und Feuchtwälder entstehen.

Das zweite Projekt ist im Bendorfer Forstrevier. Wir schauen uns dort Bims vom Laacher-See-Vulkan an. Dies sind sehr seltene Böden, die bisher kaum erforscht sind. In diesem Gebiet besteht eine intensive industrielle Nutzung durch Bimsabbau. Wir beobachten, wie die künstlich verfüllten Bimsabbauplätze sich bezüglich Vegetation und Abfluss verhalten.

Welche Ergebnisse haben Sie bisher gewonnen?

Im Nationalpark sind wir positiv gestimmt. Wir sehen bei kleinen Einzugsgebieten, dass die Wiedervernässung funktioniert. Der Boden kann schneller mehr Wasser speichern. Im Vergleich zu anderen Gebieten, wo die Gräben nicht verfüllt wurden, fallen sie im Sommer viel langsamer trocken.

In Bendorf haben wir bisher die Grundlagen untersucht und drei Papers veröffentlicht. Wir haben belegen können, dass die Bimsböden sehr gut Wasser aufnehmen. Wenn man den Bims aus dem Boden entfernt, wird sich das ändern.

Im Projekt in Bendorf haben wir eine Bodenerosionsmodellierung durchgeführt. Nach der Rodung, bevor eine Fläche ausgebaggert wird, und im Zeitraum kurz nach der Wiederverfüllung wird man ein paar Jahre lang mit starker Erosion rechnen müssen, weil die Vegetationsauflage weg ist. Nach der Wiederverfüllung und Aufforstung kann die Vegetation dazu beitragen, dass weniger Boden bewegt wird. 

Bendorf liegt nördlich von Koblenz. In seinen Wäldern wir Bims abgebaut. Dr. Julian J. Zemke und sein Team untersuchen, welche Auswirkungen das auf den Wasserabfluss hat.a

Bendorf liegt nördlich von Koblenz. In seinen Wäldern wir Bims abgebaut. Dr. Julian J. Zemke und sein Team untersuchen, welche Auswirkungen das auf den Wasserabfluss hat.

Höhen und Tiefen gehören in der Forschung dazu. Wie gehen Sie mit Niederlagen um?

Es wichtig zu realisieren, dass es vollkommen normal ist, dass ein Paper abgelehnt wird oder man Änderungsvorschläge bekommt. Tatsächlich frustrierend sind Review-Gutachten ohne fundierte Kritik. Im Normalfall geben sich die Reviewer aber Mühe und schreiben konstruktive Kritiken. Ich habe zum Glück erst zwei Ablehnungen innerhalb von zehn Jahren erhalten, was ein recht guter Schnitt ist. Ich bin froh über ehrliche Meinungen, das ist wissenschaftlicher Diskurs. Meist bedeutet eine Ablehnung nicht gleich das Aus, sondern, dass man das Paper überarbeiten muss und meist noch einmal einreichen darf.

Interview: Sarah-Maria Scheid

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert