Es ist warm geworden in der Pfalz. Als ich meine Tasche packe, um wieder nach Landau zu fahren, überlege ich ernsthaft, ob ich meine kurzen Kleider mitnehme oder lieber nicht. Denn mit dem Sommer nehmen unangenehme Kommentare zu. Fast scheint es, als gäbe es ein Naturgesetz, von dem ich noch nichts mitbekommen habe: Je weniger frau anhat, desto mehr wird sie belästigt.
Was ist das und wen betrifft es?
Die Kommentare und sexuellen Aufforderungen, die Frauen oft hinterhergerufen bekommen, nennt man Cat Calls. Die Grenzen zu sexueller Belästigung und Gewalt sind fließend, wobei das eine oft zum anderen führt. Viele lebensbedrohliche Situationen haben mit einem vermeintlich harmlosen Cat Call angefangen. Mich machen sie ganz schön wütend. Warum soll es mein Problem sein, dass ein Mann mich nicht als Mensch wahrnimmt? Mir kann niemand erzählen, dass Cat Calls unbeholfene Flirtversuche seien sollen. Fehlgeschlagene Komplimente sind es dann, wenn Wörter verwechselt werden und sich verhaspelt wird, nicht, wenn man das Gegenüber als Objekt sieht und erniedrigt. Meistens geht es den Tätern auch gar nicht darum, jemanden kennenzulernen. Es geht darum, die eigene Macht über Menschen zu beweisen.
Wieso passiert das?
In der Kolumne schreiben Studierende in Koblenz und Landau unplugged aus ihrem Alltag.
Ein männlicher Bekannter hat eine Erklärung parat: “Das hat ja auch immer etwas damit zu tun, was Frauen an haben.” Einerseits stimmt das, denn im Sommer findet wesentlich mehr Catcalling statt. Andererseits bedient man sich damit auch der sogenannten Opferschuld. Das bedeutet, man gibt dem Opfer die Schuld für die Tat. Leider passt das nur allzu gut in einige feministische Debatten. Egal wie alt und gebildet die Leute sind, immer wieder höre ich die Annahme, das Fehlverhalten von Männern sei Frauen zuzuschreiben. Als hätten Männer kein Gehirn. Die Tat auf die Kleidung des Opfers zurückzuführen, finde ich unsinnig. Denn auch Frauen, die Bedeckungen wie den Hijab tragen, berichten von Übergriffen auf offener Straße. Sie machen es anscheinend auch falsch, weil sie sich nicht der (Männer)welt präsentieren. Das heißt: Egal was wir machen, wir sind schuld?
Zu abstoßend, um es auszusprechen
“Na du Süße, hübsche Beine”, gehört noch zu den harmloseren Kommentaren. Trotzdem passen sie nicht in seriöse Gespräche, nicht in Diskussionen in der Vorlesung. In den Augen vieler Männer passen sie aber in die Öffentlichkeit. Wieso fühlen sie sich berechtigt, Obszönitäten über die Straße zu grölen, während es mir unangenehm ist, sie zu wiederholen? Dabei wäre es so wichtig, eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber zu führen. Vielleicht würden dann mehr Menschen verstehen, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen Flirten und sexueller Belästigung gibt. Ein Pfeiffen hier, ein ungeniertes “Hey, schöne Frau” da. Das mag bedeutungslos klingen, ist aber auch Diskriminierung. Spätestens wenn Frauen ihre Outfits danach aussuchen, welche Kleidungsstücke am wenigsten Kommentare zur Folge haben, ist Schluss.
“Diese Taten kommen nicht von ungefähr und sind auch kein Generationenproblem, das sich mit der Zeit von selbst erledigt.”
– Lena Frohn über Catcalling
Was machen wir dagegen?
Sicher kann man mit juristischen Mitteln gegen die Erniedrigung vorgehen. Aber ich glaube, Feminismus gehört in alle Gespräche und Lebensbereiche. Diese Taten kommen nicht von ungefähr und sind auch kein Generationenproblem, das sich mit der Zeit von selbst erledigt. In vielen Städten gibt es mittlerweile Projekte, die Catcalling wortwörtlich ankreiden. Der Club Marta hat sich dem nun angeschlossen. Die Studierenden gehen an den Ort, wo die Belästigung passiert ist und schreiben den Kommentar mit Kreide auf den Boden. So wird die Diskriminierung für alle sichtbar. Vielleicht ändert sich dadurch etwas. Vielleicht merken dann mehr Menschen, insbesondere Männer, dass sie eine wertvolle Rolle im Kampf gegen Diskriminierung spielen. Wenn wir Glück haben, führen die Ankreide-Aktionen dazu, dass sie dieser Rolle gerecht werden.
“Aber das machen ja nicht alle Männer!”
Dieses Argument kommt häufig und vielleicht lag es auch euch auf der Zunge. Und es stimmt. Nur wenige Männer sind frauenverachtende Straftäter. Glückwunsch an dieser Stelle. Aber so gut wie jede zweite Frau in Deutschland wurde schon einmal sexuell belästigt. “Dass das nicht alle Männer machen”, bringt uns herzlich wenig.
Lena Frohn
An wen richten sich solche Artikel?
Ihr habt längst gewonnen.
Die Institutionen stehen auf eurer Seite, die BigTech-Firmen stehen auf eurer Seite, die Politik steht auf eurer Seite, die Mainstream-Medien verkünden euer Wort.
The future is female! Es wird von allen Dächern skandiert.
“Es geht darum, die eigene Macht über Menschen zu beweisen.”
Dass alle Beziehungen Machtbeziehungen sind, haben wir der Lehre des Poststrukturalismus, maßgeblich Foucault zu verdanken.
An die Uni zu kommen, die Religion bereits erfolgreich hinter sich gelassen, wird nun die neue heilige Schrift des Poststrukturalismus und Dekonstruktivismus wie ein Gospel aufgesogen und die Missionar*innen bekehren die Ungläubigen.
Identitätspolitik ist die Sichel und Feminismus der Hammer, um das reife Korn der neuen Generation zu ernten.
Es ist kein Zufall, dass feministische Autoren fordern, in alle Lebensbereiche vordringen zu können, in das privateste des Zusammenlebens, in die Beziehungen, in die Bildung der Kinder, den Arbeitsplatz und letztendlich durch das Gendern in der Sprache auch in die Köpfe der Menschen. Wenn Macht bei Catcaller*innen schon eine Rolle spielt, dann bei oben genanntem doch erst recht.
Wenn DAS keine Demonstration von Macht ist, dann weiß ich auch nicht…
Kommen wir zum Artikel:
Welche Macht hat die Catcaller*in über mich, wenn die bereits strafrechtlich relevante Berührung, Verfolgung, Beleidigung ausbleibt?
Die Antwort ist: Keine! Jedenfalls nicht, wenn besagte Person nicht zu strafrechtlich relevanten und somit bedrohlichen Maßnahmen greift und wir den Bereich des Catcallings, also anzügliche Sprüche, Pfeifen ect verlassen.
Nehmen wir an, es würde morgen beschlossen, dass Catcalling strafbar gemacht würde und es im Ermessen des Opfers läge, die Situation im strafrechtlichen Sinne einzuschätzen. Wer wäre in der Lage diejenigen Frauen im fahrlässigen Gebrauch ihrer neugewonnen, jetzt tatsächlich juristischen Macht,zu zügeln, wie es diejenigen Männer ausnutzen, dass ihr unangebrachtes Verhalten momentan noch straffrei bleibt?
Mein Punkt ist, dass ein Catcall wie “Oh Baby, schöne Beine hast du!”, sehr wahrscheinlich keinerlei realen Schaden anrichtet und nach kurzer Zeit wieder vergessen ist.
Hat aber nun jede Frau die Möglichkeit, jeden harmlosen oder weniger harmlosen Satz zu einem waschechten Strafbestand zu erklären, einzig und allein auf Basis des Gemütszustandes und der Willkür der betroffenen Person, dann öffnen wir Gesamtgesellschaftlich eine große Tür zum Missbrauch der neugewonnen Möglichkeiten.
NICHT weil jede Frau es tun wird, aber weil sie könnte, wenn sie wollte… und wer könnte sie davon abhalten?
Es ist ernüchternd und traurig zu sehen, welche Reaktionen es hervorruft, wenn Frauen das einfordern, was jahrhundertelang Männern zugestanden wurde. Dass die Forderungen inzwischen so laut und nachdrücklich ausfallen, liegt auch daran, dass sie bisher kaum gehört wurden, geschweigen denn ihnen nachgegeben wurde. Als besonders bedauerlich empfinde ich es, dass die Forderung der Frauen nach Gleichbehandlung zu solch großen Verlustängsten in Teilen der Männerwelt führen. Genauso wie Eltern die Liebe für ihr erstes Kind nicht teilen müssen, wenn ein weiteres Kind geboren wird, weil die Liebe mitwächst, genauso sollten große Teile der Männerwelt keine Angst davor haben, Frauen endlich gleichberechtigt und auf Augenhöhe zu behandeln. Denn nicht ein “Untergang der Männerwelt” wäre die Folge, sondern eine starke Gesamtgesellschaft. Wer sich selbst fragt, was er davon hielte, wenn seiner Mutter oder Schwester hinterhergepfiffen oder ihnen “Ey Süße, schöne Beine” hinterhergerufen würde, kann nachvollziehen, dass dies auch für andere Frauen gilt, die ebenso jemandes Mutter oder Schwester sind.