„Hol mir mal ein Bier!“ – Damit muss man sich nicht an einen Mitmenschen richten. Ein Roboter kann das gewünschte Getränk bringen. Daniel Müller hat mit seinem Team zum fünften Mal den RoboCup gewonnen; diesmal in digitaler Form. Er leitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter das Projekt- und Forschungspraktikum zur Robotik in der Computervisualistik und Informatik.
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Auf dem RoboCup, einem Wettbewerb auf Weltmeisterebene, gibt es verschiedene, lebensnahe Kategorien. Jedes Team hat fünf bis zehn Minuten Zeit, um die gestellten Aufgaben zu erledigen. Am Ende gewinnt das Team mit den meisten Punkten innerhalb seiner Kategorie. Das Koblenzer Team startete in der Kategorie RoboCup@Home. 2020 ist der RoboCup ausgefallen, 2021 fand er zum ersten Mal online statt. „Wir haben das virtuelle Modell von Roboter TIAGo genutzt und ihn in einer 3D-Umgebung bewegt. Die Simulationsumgebung wurde mit allen Teams global zusammen ausgesucht“, erzählt Daniel Müller. „In den letzten Jahren war unser Team sehr erfolgreich. Wir haben insgesamt fünf Weltmeistertitel gewonnen.”

Daniel Müller mit TIAGo, mit dem das Koblenzer Team beim RoboCup 2021 gesiegt hat. Hierfür musste der Roboter allerdings in virtueller Form nachgebaut werden.
Die Teilnehmenden in Müllers Team sind vorwiegend Studierende des Studiengangs Computervisualistik und haben den Wettbewerb im Rahmen eines verpflichtenden Projekt- und Forschungspraktikums im Bachelor und Master besucht. Die Arbeitsgruppe Aktives Sehen (AGAS) unter Leitung von Professor Dietrich Paulus, zu der auch Daniel Müller gehört, beschäftigt sich vor allem mit Bild- und Sensordatenverarbeitung.
„Der Fokus liegt beim Praktikum auf der Robotik. Aber manchmal entstehen kleine Spielereien, wie zum Beispiel ein leuchtender Weihnachtsbaum auf Rädern”, erzählt Müller. Seit etwa drei Jahren ist er nun wissenschaftlicher Mitarbeiter und betreut das Projektpraktikum seit Pandemiebeginn. Bis Mitte 2019 hat er die Betreuung noch mit Raphael Memmesheimer geteilt. Danach musste Müller das Praktikum zum ersten Mal allein übernehmen. „Ein gewisser Druck hat dieses Jahr schon auf mir gelastet. Den Projektablauf kenne ich, aber es war trotzdem etwas anderes, das Praktikum alleine zu organisieren“, berichtet er. Durch die Vorbereitung vom Homeoffice aus hat sich die Gestaltung des Wettbewerbes komplett verändert. Der Ablauf in einer Messehalle war Müller bekannt, aber nun alles vom eigenen Computer zu steuern und das Team online zu koordinieren, war eine echte Herausforderung.

Neben der Weiterentwicklung von TIAGo wird ist im Robotik-Praktikum auch die ein oder andere Spielerei erlaubt. So ist zum Beispiel ein fahrbarer Weihnachtsbaum entstanden.
Ein Roboter als Servicekraft
Die Praktikant:innen entwickeln Service- und Haushaltsrobotik im Innenbereich. „Wir haben zum Beispiel ein Demonstrationsvideo, in dem wir unseren Roboter fragen, ob er eine Flasche Bier bringen kann. Er fährt dann zum Kühlschrank, öffnet ihn, sucht eine Bierflasche und bringt sie uns. Wir könnten das Ganze auf einen Restaurantbetrieb übertragen, wo der Roboter Aufgaben eines Kellners übernähme“, erzählt Müller. Zum richtigen Ausführen einer Aufgabe braucht ein Roboter viele Fähigkeiten: Erkennen von Sprache, Gesten und Objekten sowie Lokalisieren und Navigieren. Schließlich muss er sich im Raum orientieren, mit Personen interagieren und gegebenenfalls Objekte erkennen, um autonom agieren zu können. Der Roboter ist immer selbstständig unterwegs. Ist er einmal gestartet, greift man nicht mehr in das System ein, außer man programmiert oder testet gerade etwas. 2021 haben am Roboterwettbewerb vier Studierende vom Campus Koblenz, Daniel Müller und seine wissenschaftliche Hilfskraft Niklas Wettengel mitgearbeitet. Wenn die Gruppe auf die RoboCup German Open nach Magdeburg oder ins Ausland zu einer WM fährt, besteht das Team in der Regel aus acht bis zwölf Personen.
Simulation in der Online-Arena
Von der Konkurrenz war für die Teilnehmenden im Jahr 2021 leider wenig zu sehen. Normalerweise wäre es möglich gewesen, durch die Messehalle zu laufen und zuschauen, wie die einzelnen Teams ihre Roboter testen, um Fehler zu vermeiden. „Wir selbst hatten vor Ort mal den Fall, dass unser Roboter partout nicht durch eine Tür wollte. Er hat sie als zu schmal eingeschätzt“, erzählt Müller. Das Team Homer@UniKoblenz tritt immer in der Open Platform League an. Hier können Teilnehmer mit ihren selbst gebauten Roboter teilnehmen. Dieses Jahr sei es allerdings weniger um das Robotermodell, sondern eher um den Code im Hintergrund gegangen, erklärt Müller, also um die Datenverarbeitung. Man sollte zeigen, wie gut das Verständnis des Roboters für die Umgebung sei und wie gut er sich schon orientieren könne.
Dieses Jahr wurde nur mit Simulationen ihrer Roboter gearbeitet. „Der Roboter TIAGo, wie er hier neben dir steht, wurde für den Wettbewerb so modelliert, wie er ist. Es war für uns einfacher, einen real vorhandenen Roboter zu simulieren. Wenn man einen Roboter in einer Simulation erstellt, können beim Umsetzen ins Physikalische Probleme auftreten, an die man anfangs gar nicht denkt. Man muss ihn zum Beispiel so konstruieren, dass er nicht einfach umfällt. Dementsprechend sollte man also Schwerpunkte setzen“, erläutert Müller.

Fleißige Hilfe mit virtuellen Haushalt: TIAGo räumt in der simulierten Arena beim RoboCup auf.
In der digitalen Form des Wettbewerbes haben viele Teams nur ein Robotermodell genutzt. Eine große Vielfalt gab es also nicht. „Auf einer Messe sieht man große Unterschiede zwischen den Teams. Da hat einer einen besonders guten Roboterarm, der andere eben eine gute Kamera. Insbesondere die Fähigkeiten der einzelnen Roboter unterscheiden sich oft.“
Ein Blick in die Zukunft
Daniel Müller hält es für wahrscheinlich, dass Roboter, wie sie am RoboCup teilnehmen, in der realen Welt Anwendung finden werden. Ein potenzieller Bereich, um Menschen in naher Zukunft zu unterstützen, sei der Pflegebereich. Hol- und Bringaufgaben seien für bettlägerige Personen eine mögliche und gleichzeitig entlastende Hilfe. Mehr noch, jede helfende Hand, alles was Zeit fresse, beispielsweise im Servicebereich, könne von einem mobilen Robotersystem ausgeführt werden.
Zuvor sei aber noch Weiterentwicklung nötig. Ein großes Problem, gibt Müller zu bedenken, sei die Feinmotorik eines Roboterarms. Hier müssten noch deutlich mehr Sensoren eingebaut werden, um Roboter feinfühliger zu machen. Eine künstliche Intelligenz könne in der Objekterkennung sehr hilfreich sein. „Man trainiert den Roboter auf bestimmte Formen, zum Beispiel eine Tasse. Er lernt wie eine Tasse aussieht und kann diese Information später aus seiner Datenbank abrufen.”
Mit der Softwareentwicklung ist das Team schon weit. „Wir kooperieren mit der spanischen Firma PAL Robotics. Sie hat uns auch TIAGo zur Verfügung gestellt. Zusätzlich nutzen wir Lisa, Marke Eigenbau. Dabei hat uns damals die IHK Koblenz mit dem Gehäuse geholfen. Bis zu einem gewissen Grad können wir Roboter selbst konstruieren. Da aber niemand von uns gelernter Elektrotechniker oder Mechaniker ist, benötigen wir in manchen Bereichen etwas Unterstützung“, klärt Müller auf. Und wie soll es weiter gehen? Erst mal mit dem RoboCup German Open 2022 und vielleicht der Weltmeisterschaft in Thailand im gleichen Jahr.
Sarah-Maria Scheid