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Unsere Profs: Thomas Ternes

Professor Thomas Ternes arbeitet nicht nur an der Bundesanstalt für Gewässerkunde, er lehrt auch am Campus Koblenz. Seit Kurzem bringt er seine Expertise für die Konzeptionierung des neuen Studiengangs Gewässerkunde ein. Foto: Privat

Professor Thomas Ternes arbeitet nicht nur an der Bundesanstalt für Gewässerkunde, er lehrt auch am Campus Koblenz. Seit Kurzem bringt er seine Expertise für die Konzeptionierung des neuen Studiengangs Gewässerkunde ein. Foto: Privat

Schädliche Substanzen können in Gewässern massive Probleme auslösen. Mit dieser Problematik beschäftigt sich die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG). Als Ressortforschungseinrichtung betreibt sie Beratung, Begutachtung, Forschung und Entwicklung rund um Gewässersysteme. Auch Koblenzer Studierende sollen hier bald aktiv werden können. Professor Dr. Thomas Ternes entwickelt den Studiengang „Gewässerkunde und Wasserwirtschaft“ gemeinsam mit Vertreter:innen von Hochschule Koblenz und der Universität in Koblenz.

Worin bestehen die Aufgaben der Bundesanstalt für Gewässerkunde?

Die BfG ist eine Bundesoberbehörde des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Wir arbeiten damit an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik, operativer Verwaltung und Gesellschaft. Umgekehrt werden gesellschaftspolitisch relevante Fragestellungen von meinen Kolleg:innen aufgegriffen, um anhand konkreter Projekte vorausschauende Handlungsoptionen und praxisorientierte Lösungen für staatliche Maßnahmen zu erarbeiten. Die Klimakrise und die Biodiversitätskrise zählen dabei zu zentralen Themen.

Das Messnetz der BfG, das mit den Partnern WSV, DWD, BGR und verschiedenen Ländern betreut wird. Quelle: BfG

Das Messnetz der BfG, das mit den Partnern WSV, DWD, BGR und verschiedenen Ländern betreut wird. Quelle: BfG

Was bedeutet das praktisch?

Konkret beschäftigen wir uns beispielsweise mit dem chemischen Monitoring von Wasserstraßen, also schiffbaren Flüssen, Kanälen und Küstengewässern. Außerdem beraten wir Bundesministerien, wie das Verkehrs- und Umweltministerium. Eine Besonderheit der BfG ist unsere sehr gute instrumentelle Ausstattung, die wir zum Beispiel für ökologische Studien, chemische Analysen oder Radioaktivitätsmessungen in Gewässerproben verwenden. Der Alltag vieler meiner Kolleg:innen dreht sich um den Nachweis, die Wirkung, den Abbau und die Entfernung von Schad- und Spurenstoffen. Unsere Messstationen sind über ganz Deutschland verteilt. Zwei davon befinden sich in Koblenz: an den Kaiserin-Augusta-Anlagen am Rhein und am Mosellum, einem Museum an der Staustufe der Mosel.

Worin besteht Ihr Arbeitsgebiet?

Ich leite die Abteilung Qualitative Gewässerkunde und koordiniere als Forschungsbeauftragter verschiedene Projekte, stehe also selbst nicht im Labor. Meine Abteilung befasst sich mit Substanzen, die ökotoxikologisch oder humantoxikologisch relevant sind und somit für die Umwelt oder den Menschen bedenklich sein können. Neben meiner Arbeit an der BfG habe ich im Januar 2022 den Vorsitz der Wasserchemischen Gesellschaft übernommen. Sie ist eine Fachgruppe innerhalb der Gesellschaft Deutscher Chemiker, in der die forschenden Wasserchemiker:innen in Deutschland organisiert sind.

Sie sind hauptberuflich an der BfG tätig, haben aber auch einen Lehrauftrag am Campus Koblenz. Wie kam es dazu?

Ich habe in Mainz Chemie studiert, promoviert und meine Habilitation abgeschlossen. Nach der Promotion war ich bei dem ESWE-Institut für Wasserforschung und Wassertechnologie in Wiesbaden beschäftigt. 2003 habe ich die Stelle an der BfG angenommen und mich anschließend in Koblenz umhabilitiert. Der Kontakt mit Studierenden war mir immer eine Herzensangelegenheit.

Welche Rolle spielt die Universität in Koblenz für die BfG?

Die Kooperation mit der Universität Koblenz-Landau ist für die BfG sehr wichtig, um gut ausgebildeten wissenschaftlichen Nachwuchs zu gewinnen. Aktuell gibt es im Bereich der Qualitativen Gewässerkunde im Bachelor BioGeoWissenschaften Vorlesungen zu Umweltanalytik und Umweltchemie sowie zu Ökotoxikologie. Letztere wird von Dr. Martina Fenske koordiniert, die ersten beiden von mir, wobei ich bei der Umweltchemie-Vorlesung durch Kolleg:innen unterstützt werde. Darüber hinaus gibt es Forschungskooperationen und eine gemeinsame Betreuung von Doktorand:innen.

Welche Möglichkeiten gibt es für Studierende und Absolvent:innen der BioGeoWissenschaften an der BFG?

Bei uns können Bachelor- und Masterarbeiten angefertigt werden. Außerdem haben wir immer wieder freie Promotionsstellen. Anna-Maria Bell, die in Koblenz BioGeoWissenschaften studierte, hat so in 2021 ihre Doktorarbeit mit großem Erfolg abgeschlossen. Ein anderer über die Universität finanzierter Doktorand, Tim Lauschke, befasst sich aktuell mit dem Abbau und Nachweis von Kunststoffpartikeln.

Ein neuer Studiengang zur Gewässerkunde ist in Planung. Wodurch wird er sich auszeichnen?

Die BfG wird durch den neuen Studiengang noch mehr in den Uni-Betrieb eingebunden. Unsere Expertise wird dann noch stärker in der Lehre weitervermittelt. Im Master des neuen Studienganges „Gewässerkunde und Wasserwirtschaft“ werden wir eigene Veranstaltungen anbieten: Im Wahlpflichtbereich stellen wir uns eine Vorlesung über moderne Methoden der chemischen Umweltanalytik vor. Ergänzend soll ein Praktikum absolviert werden, bei dem die Studierenden sich mit modernen Verfahren der Umweltanalytik praktisch vertraut machen. Auch in der Ökotoxikologie-Vorlesung werden wir im neuen Studiengang innovative Methoden vorstellen.

Die BFG hat in ihren Räumlichkeiten eigene Labore, in denen Gewässeranalysen vorgenommen werden. So kann zum Beispiel Mikroplastik aufgespürt werden. Mithilfe von Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung wird ein Stoffgemisch aufgetrennt, wodurch Mikroplastik-Partikel erkennbar werden. Foto: Sarah-Maria Scheid

Die BFG hat in ihren Räumlichkeiten eigene Labore, in denen Gewässeranalysen vorgenommen werden. So kann zum Beispiel Mikroplastik aufgespürt werden. Mithilfe von Gaschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung wird ein Stoffgemisch aufgetrennt, wodurch Mikroplastik-Partikel erkennbar werden. Foto: Sarah-Maria Scheid

Was begeistert Sie an Ihrem Fachgebiet?

Der Bezug zwischen Chemie und Umwelt: Wie verhalten sich schädliche Substanzen in der Umwelt? Wie können solche Stoffe ins Gewässer und ins Trinkwasser gelangen? Und wie lässt sich das verhindern? Ein bedeutender Erfolg unserer Arbeit war, dass wir erstmals im großen Stil Arzneimittelrückstände und deren Abbauprodukte in der Umwelt nachweisen konnten. Abbauprodukte werden in der Umwelt und bei der Wasseraufbereitung gebildet. Das Problem ist: Sie besitzen zum Teil völlig neue Eigenschaften und können von den Kläranlagen bislang nicht vollständig entfernt werden. In der Folge gelangen diese Stoffe ins Grund- und Oberflächenwasser. Einige von ihnen sind sogar im gereinigten Trinkwasser nachweisbar. In vielen Fällen ist es uns gelungen, Transformationswege aufzuklären.

Was genau passiert in der Abteilung Qualitative Gewässerkunde?

In meiner Abteilung beschäftigen wir uns mit chemischen und ökotoxikologischen Untersuchungen von Sedimenten, Schwebstoffen und Baggergut im Rahmen von Unterhaltungs- und Ausbaumaßnahmen an Wasserstraßen. Weitere wichtige Arbeitsfelder sind diffuse- und punktuelle Eintragsquellen in Gewässer. Genauer gesagt, ob die Einleitung von Abwasser direkt von einem Industriewerk erfolgt, oder ob Chemikalien diffus eingetragen werden, wie zum Beispiel Pestizide über landwirtschaftlich genutzte Felder. Wir forschen auch an Möglichkeiten, den Schadstoffeintrag zu minimieren, in dem wir die Effizienz der diskutierten Maßnahmen zur Entfernung schädlicher Stoffe ermitteln. Eine Option wäre es, eine weitere Reinigungsstufe in kommunalen und industriellen Kläranlagen einzubauen. Man kann beispielsweise Aktivkohlefilter zur Nachbehandlung einsetzen. Dadurch wird eine große Anzahl an Stoffen gleichzeitig entfernt.

Was hat seinerzeit Ihr Interesse an diesem Forschungsthema geweckt?

Ich hatte schon im Studium großen Spaß an der Forschung und habe im Umweltbereich zu Schadstoffrückständen in Fischen promoviert. Die Tiere stammten aus den Maaren in der Eifel, wo es eigentlich fast keine anthropogenen, also menschlich verursachten Eintragsquellen gibt. Trotzdem habe ich in den Fischen Rückstände von Pestiziden vorgefunden, die vermutlich atmosphärisch eingetragen wurden. Außerdem habe ich im Rahmen meiner Dissertation in nahezu allen untersuchten Fischen organische UV-Filtersubstanzen festgestellt. Wenn wir Sonnencreme auftragen und dann in den Maaren baden, werden diese Substanzen an das Wasser abgegeben und anschließend von den Fischen aufgenommen und angereichert.

Sarah-Maria Scheid

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