Kolumne

Unistart: Vom Sprung ins lauwarme Wasser

Heute schreibt Campus-Reporterin Lisa Leyerer. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

Heute schreibt Campus-Reporterin Lisa Leyerer. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Zum Unistart erinnert sich Lisa Leyerer an ihren Start in einen neuen Lebensabschnitt vor drei Jahren. Was ihr besonders gut im Gedächtnis geblieben ist: die Angst vor dem Neuen und das schrille Weckerklingeln.

Tschüss Schule, hallo Freiheit! Was für ein tolles Gefühl, nach zwölf langen Jahren den Eastpak-Ranzen auf den Dachboden zu stellen und das Mäppchen inklusive Füller, Lineal und Tintenlöscher in die hinterste Ecke des Schrankes zu verfrachten. Nie mehr langweilige Bücher lesen, nervige Hausaufgaben machen oder tagelang tausende Fakten auswendig lernen. Wäre da nicht diese eine Sache: der neue Lebensabschnitt namens “Studium”.

Der frühe Vogel und die ersten Probleme

“Trrrrr, trrrrr”, begrüßt mich mein Feind, der Wecker – wie sehr habe ich ihn vermisst. An das Geräusch kann man sich gewöhnen, aber das frühe Aufstehen fällt mir wirklich schwer. Der erste Tag an der Uni steht bevor – mit ihm beginnt schon wieder eine Zeit, in der mein Tag nicht dann beginnt, wenn Körper und Geist dazu bereit sind. Studieren habe ich mir irgendwie entspannter vorgestellt.

Frisch geduscht und zwei Kaffeetassen später stehe ich schon vor dem ersten Problem: Was nehme ich mit? Was braucht man alles am ersten Tag? Der Ranzen bleibt auf dem Dachboden aber Mäppchen, Block und Butterbrot finden nun wieder den Weg in meine Tasche. So schnell kann es gehen.

An der Uni angekommen, schaue ich auf die große Treppe vor mir und spüre plötzlich ein Gefühl der Aufregung – oder ist es doch ein wenig Angst? Ich fühle mich wie vor einem Sprung ins kalte Wasser. Was erwartet mich? Wie sind die anderen Leute so drauf? “Okay, ganz ruhig Lisa! Du gehst einfach zur Infoveranstaltung, dort wird dir alles erklärt”, beruhigt mich meine innere Stimme. Aber wo ist denn eigentlich der Hörsaal? Im Zweifel immer dem Strom folgen, ist meine Devise, und schon sitze ich in einer der typischen Hörsaal-Stuhlreihen. Die Rede beginnt und wir werden mit herzlichen Worten an der Universität begrüßt. Aus Gruppenzwang nehme auch ich mein Block heraus und schreibe einige wichtige Informationen auf. Doch schon nach einigen Minuten schweifen meine Gedanken ab. Die zweite Lektion, die ich wieder lernen muss: Mich über eine längere Zeit zu konzentrieren.

Der Ernst des Lebens kann beginnen

Nachdem ich auf der Orientierungsmesse unzählige Flyer mitgenommen und meinen Bibliotheksausweis beantragt habe, steht dem Studienbeginn nichts mehr im Weg. Es ist der Wahnsinn, wie schnell man neue Leute kennen lernt. Die Uni, der AStA und die Fachschaften tun alles, um uns den Start so einfach wie möglich zu gestalten. Von einer Kneipentour durch Landau bis zu einer “Schwipseljagd” über den Campus. Nach der ersten Woche habe ich das Gefühl, fast alle Studierenden zu kennen. Kurzum: Ich fühle mich pudelwohl. Doch leider verfliegt dieses Gefühl der Freiheit und der Zwanglosigkeit schneller, als mir lieb ist. Schließlich bin ich ja nicht nur zum Spaß hier, sondern auch zum Studieren – wie meine Eltern sagen würden. Neben “Atriumsparty” verfestigen sich Wörter wie “Klausurtermine”, “Pflichtlektüre”, “Hausarbeit” und “Referat” immer mehr in meinem Kopf. Die Zeiten, in denen man gute Noten durch Mitarbeit erlangen konnte und den Lehrstoff selbstverständlich vom Lehrer zusammengefasst vorgelegt bekam, sind vorbei. Jetzt sind Selbstverantwortung, Einsatz und vor allem Disziplin gefragt. Disziplin, am frühen Morgen in die Vorlesung zu gehen, sich die Pflichtliteratur herauszusuchen und zumindest mal zu kopieren, und nicht erst eine Woche vor Klausurtermin das Skript zu lernen – Studieren eben.

Im Rückblick alles leichter

Schon in den ersten Wochen meines Studiums wurde mir eines deutlich: Ja, es begann ein völlig neuer Lebensabschnitt, aber das Wasser, in das ich springen musste, war gar nicht so kalt – eher lauwarm. Wie gerne würde ich heute, drei Jahre später und mit dem Abschluss in der Tasche, wieder verwirrt über den Campus irren, den Hörsaal suchen und innerhalb fünf Minuten neue Freundschaften schließen. In diesem Sinne, liebe Studienanfänger (oder alle, die es mal werden wollen), genießt die Zeit und diesen gewissen Zauber eines neuen Lebensabschnittes und traut euch den Sprung ins lauwarme Wasser! Es macht tierisch viel Spaß!