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Tischtennisschläger und schwarzer Gürtel: Sportartübergreifendes Lernen

Abgar Schachnasarjan und Tomasz Kasicia haben gemeinsam in Koblenz Sport auf Lehramt studiert. Da sie beide als Trainer arbeiten, kam ihnen die Idee, gemeinsame einen Workshop auszurichten, bei dem Athlet:innen unterschiedlicher Sportarten zusammenkommen. Foto: Jan Luca Mies

Abgar Schachnasarjan und Tomasz Kasicia haben gemeinsam in Koblenz Sport auf Lehramt studiert. Da sie beide als Trainer arbeiten, kam ihnen die Idee, gemeinsame einen Workshop auszurichten, bei dem Athlet:innen unterschiedlicher Sportarten zusammenkommen. Foto: Jan Luca Mies

Karatekämpfer mit Tischtennisschlägern?  Das klingt zunächst merkwürdig, könnte aber zusammenfassen, was Abgar Schachnasarjan und Tomasz Kasicia am Olympiastützpunkt in Saarbrücken durchgeführt haben. Die beiden haben sich während ihres gemeinsam Sportstudiums am Campus Koblenz kennengelernt und trainieren Top-Athleten aus ihren jeweiligen Fachgebieten, Karate und Tischtennis. Im Rahmen eines Lehrgangs konnten sie beides zusammenbringen.

 Foto: ColourboxIn unserer Serie Uni-Menschen stellen wir euch interessante Persönlichkeiten vor, die an der Universität Koblenz-Landau studieren und arbeiten.

Vier Profi-Athleten trainieren in der Halle des Olympia-Stützpunks in Saarbrücken. Eigentlich nichts Besonderes. Doch hier wird sowohl Tischtennis als auch Karate trainiert – und das parallel. “Miteinander und voneinander zu lernen ist ein ganz wichtiger Aspekt der Leistungssteigerung und führt zu gemeinsamem Wachsen“, erklärt Abgar Schachnasarjan die Grundidee des Trainings. Zusammen mit seinem ehemaligen Kommilitonen Tomasz Kasicia führte er im Oktober 2021 diesen kooperativen Lehrgang in Form eines Workshops in Saarbrücken durch.

Abgar und Tomasz waren beide noch vor Kurzem selbst erfolgreiche Sportler. Der eine fuhr auf Meisterschaften und internationale Wettkämpfe im Karate, der andere spielte in der Regionalliga Tischtennis. Beide haben ihre eigene Sportkarriere inzwischen beendet und bereiten nun andere auf den großen Erfolg vor. Abgar ist als Karate-Trainer beim Landesverband Saarland angestellt, Tomasz Kasicia trainiert die Tischtennismannschaft von Mainz 05 in der zweiten Bundesliga und als Honorarkraft beim Landesverband aktiv. Während Tomasz gerade an seiner Masterarbeit im Sportinstitut am Campus Koblenz schreibt, absolviert Abgar bereits sein Berufsschulreferendariat in Rheinland-Pfalz. Tomasz sammelt seit Langem Praxiserfahrungen an einer Schule in Mainz.

Brüder im Geiste

Was auf den ersten Blick wie zwei Sportarten mit wenig Berührungspunkten wirkt, ist auf den zweiten Blick gar nicht so weit voneinander entfernt. “Schnelligkeit, Koordination, Reaktion- und Anpassungsfähigkeit“, beschreibt Abgar als wichtige Elemente beider Sportarten. Sportler:innen der einen wie der anderen Disziplinen müssten immer auf ein Gegenüber reagieren und ihr eigenes Verhalten anpassen: je schneller, desto besser.

Das Olympische Dorf hat Abgar und Tomasz zu ihrem kooperativen Workshop angeregt. Auch dort trainieren Sportler:innen unterschiedlicher Sportarten gemeinsam. Der Einblick in andere Disziplinen erweitert den Erfahrungsschatz der Teilnehmenden. Fotos: Privat

Das Olympische Dorf hat Abgar und Tomasz zu ihrem kooperativen Workshop angeregt. Auch dort trainieren Sportler:innen unterschiedlicher Sportarten gemeinsam. Der Einblick in andere Disziplinen erweitert den Erfahrungsschatz der Teilnehmenden. Fotos: Privat

Aber eigentlich geht es Abgar und Tomasz bei der Kooperation viel mehr um das gemeinsame Trainieren an sich als um Überschneidungen der Sportarten.  “Inspiriert ist die Idee vom Olympischen Dorf, in dem verschiedenste Athlet:innen gemeinsam trainieren“, erklärt Abgar. So bekämen die Trainierenden Eindrücke und Perspektiven über die eigene Sportart hinaus – anders als wenn nur Trainierende derselben Disziplin anwesend sind. Daher wollen die beiden Trainer gerne Lehrgänge mit mehreren verschiedenen Sportarten und Athlet:innen durchführen.

Der Kopf ist entscheidend

Beim Wettkampf kommt es nicht nur auf die motorischen Fähig- und Fertigkeiten an. Der schnellste und beste Arm der Welt bringt nichts, wenn Sportler:innen ihre Topleistung in der Drucksituation nicht erreichen können. Psychische und mentale Komponenten sind in Tischtennis und Karate unerlässlich. “Viele junge Sportler:innen können auf internationalen, stark besetzen Turnieren aufgrund fehlender Erfahrung ihr Maximum nicht abrufen“, erläutert Abgar. “Durch das Training mit anderen starken Athlet:innen können sie ihren Erfahrungsschatz erweitern und mit gesteigertem Selbstverständnis ihre Wettkämpfe erfolgreicher bestreiten.“

Und dabei sollen die kooperativen Lehrgänge zwischen Tischtennis und Karate helfen. Sportler:innen aus anderen Disziplinen bringen neue Eindrücke, neue Gesichter ins Training und verfremdeten dieses dadurch ein wenig. So werde die Atmosphäre wettkampfähnlicher, was den Teilnehmenden des Trainings hilft. Dadurch könnten die Sportler:innen ihre Topleistungen, wenn es drauf ankommt, dann eher erreichen. “Denn im Kopf werden die meisten Begegnungen entschieden“, begründet Abgar.

Über den Tellerrand hinausblicken

Ohne Abgars und Thomasz’ gemeinsames Studium wäre ihre Kooperation vermutlich nie zustande gekommen. Beide wählten Sport auf Lehramt am Campus Koblenz und lernten sich darüber kennen. Zunächst kamen sie über ihre Trainertätigkeit ins Gespräch. Durch die Olympischen Spiele 2020 entstand dann die Idee, wie im olympischen Dorf zu trainieren. Gesagt, getan: Etwa ein Jahr später war alles geregelt und der erste kooperative Lehrgang zwischen Tischtennis und Karate fand statt.

Dabei konnten die beiden so manches aus ihrem Sportstudium anwenden. Die Mehrperspektivität des Studiengangs ermöglichte beiden Einblicke in Bereiche, die sie weder aus ihrer aktiven Sportlerkarriere noch aus ihrer Trainertätigkeit kannten. Abgar beschreibt das Studium als fundierte Basis für wissenschaftliches Arbeiten, betont aber, dass das Fingerspitzengefühl durch Praxiserfahrungen entstehe. Beide Trainer wissen, dass man erst dadurch lernt, wann im Training welche individuell an die Athlet:innen angepassten Impulse zu setzten sind, um deren Leistung zu steigern. Abgar rät allen Studierenden, über den Tellerrand hinauszublicken, zum Beispiel durch den Besuch von Coachings. So könne man theoretisches Wissen vertiefen und einen anderen Blickwinkel auf den Sport einnehmen.

Ein erster Lehrgang macht Lust auf mehr

Die Kooperation von Athlet:innen aus Tischtennis und Karate möchten die beiden Trainer in Zukunft durch weitere Workshops festigen.

Die Kooperation von Athlet:innen aus Tischtennis und Karate möchten die beiden Trainer in Zukunft durch weitere Workshops festigen.

Die Trainer bewerten die positive Rückmeldung der Teilnehmenden als Highlight des Lehrgangs. “Ich glaube, die Sportler:innen fanden es wirklich gut“, resümiert Thomasz. “Außerdem hatte ich viel Spaß bei der Durchführung und der konzeptionellen Erarbeitung des Trainings.“ Der Olympiastützpunkt in Saarbrücken war für die Veranstaltung ideal ausgestattet. Krafträume, Trainingshallen, Schwimmbäder sowie Möglichkeiten zur Bewegungsanalyse boten den Athlet:innen vielseitige Trainingsmöglichkeiten. Sowohl zur individuellen Verbesserung als auch zum gemeinsamen Lernen, wie es zum Beispiel beim gemeinschaftlichen Aufwärmen häufig geschah.

Für die Zukunft wünschen sich Abgar und Tomasz besonders, ‘ihre’ Sportler:innen zu großen Erfolgen zu führen und sie zu unterstützen, ihre persönlichen Ziele zu erreichen. Sie wollen auch weitere Lehrgänge mit Tischtennis und Karate durchführen und eine tiefere Verbindung zwischen beiden Sportarten etablieren. Ob und wann der nächste kombinierte Lehrgang stattfinden wird, ist noch nicht klar. Aber eins ist sicher: Die beiden Sportbegeisterten werden alles daransetzen, so etwas bald wieder in Angriff zu nehmen.

Jan Luca Mies

 

 

 

 

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