Promovierende im Interview
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So wichtig wie nie zuvor: Computergestützte Zusammenarbeit in Unternehmen

Für Florian Schwade war von Anfang an klar: wenn promovieren, dann in Koblenz. Er schätzt vor allem das familiäre Klima. Foto: Jan Luca Mies

Für Florian Schwade war von Anfang an klar: wenn promovieren, dann in Koblenz. Er schätzt vor allem das familiäre Klima. Foto: Jan Luca Mies

Corona hat die Arbeit in Unternehmen auf den Kopf gestellt. Wie agiert man am besten, um gemeinsam, ohne direkten Kontakt, die Ziele trotzdem zu erreichen? Florian Schwade hat nach seinem Masterabschluss in der Wirtschaftsinformatik am Campus Koblenz eine Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe “Betriebliche Anwendungssysteme” bekommen und untersucht diese Fragen in seiner Dissertation.

Was genau ist computergestützte Zusammenarbeit in Unternehmen?

Das sind Prozesse, die über unternehmensweite Plattformen, auf die in der Regel alle Mitarbeiter Zugriff haben, ablaufen. Darüber werden zum Beispiel unternehmensinterne Projekte koordiniert, Aufgaben verteilet oder Dateien ausgetauscht. Diese Plattformen nennen wir Enterprise Collaboration Systems. Sie ersetzen auch die klassische Rundmail. Beispielplattformen sind HCL Connections, Microsoft SharePoint oder Microsoft Teams. In vielen Unternehmen hat schon ein starker Wandel hin zu mehr digitaler Zusammenarbeit stattgefunden. Unter den aktuellen Corona-Bedingungen, vor allem bei vermehrtem Homeoffice, ist das Ganze noch relevanter geworden, da Projektteams immer seltener physisch zusammenkommen können.

Worum genau geht es in Ihrer Dissertation?

Person mit Büchern. Foto: Siora PhotographySie forschen, organisieren Tagungen oder schreiben Fachartikel: In dieser Serie sprechen wir mit Promovierenden an unserer Universität.

Es geht letztendlich darum, messbar zu machen, wie Mitarbeiter solche Enterprise Collaboration Systems nutzen und anschließend die Ergebnisse grafisch darzustellen. Das habe ich in meiner Dissertation Social Collaboration Analytics getauft. Dabei schaue ich in Kooperation mit Partnerunternehmen, in welchen Anwendungsbereichen die Systeme wie intensiv genutzt werden. Die Zielbestimmung findet gemeinsam mit dem Partnerunternehmen statt, damit dieses von den Erkenntnissen profitieren kann. Die Herausforderung dabei ist, die einzelnen Aktivitäten aus den Kollaborationssystemen mit anderen Unternehmensprozessen in Einklang zu bringen, da Enterprise Collaboration Systems betrieblich nicht so stark in die täglichen Prozesse eingebunden sind wie andere Software. Die Erkenntnisse sollen genutzt werden, um die computergestützte Zusammenarbeit zu verbessern.

Was sind Ihre Aufgaben in der Forschung?

Die Aufgaben sind recht vielfältig. Zielabsprachen mit den Praxispartnern führen zu einem großen Koordinationsaufwand. Häufig ist auch Übersetzungsarbeit nötig, da ich nicht nur mit Leuten aus dem IT-Bereich zu tun habe. Außerdem muss ich immer schauen: Wie sehen die Daten aus? Häufig müssen diese aufbereitet werden, damit ich sie zielgerichtet auswerten kann. Dazu fallen natürlich noch die üblichen Aufgaben, wie das Schreiben von Projektanträgen und Publikationen an.

Wie kommen Sie an die Daten?

Gerade in Deutschland ist es aufgrund der Datenschutzverordnungen eine Herausforderung, an solche Daten zu kommen. Das funktioniert durch unsere Forschungsgruppe aber ganz gut, weil wir seit einigen Jahren eine Forschungsinitiative betreiben: IndustryConnect. Diese wurde von Prof. Petra Schubert, meiner Doktormutter, und Prof. Susan Wiliams gegründet. Die Initiative versucht, Universitäten und die Wirtschaft rund um das Thema “digitaler Arbeitsplatz” zusammenzubringen, zum Beispiel durch gemeinsame Workshops. Dadurch wurde eine lange und vertrauensvolle Beziehung zu den Partnerunternehmen aufgebaut. Außerdem profitieren sie von den aufbereiteten Daten. Wir erhalten quasi Informationen für die Forschung und spielen unsere Erkenntnisse an die Zielgruppe zugeschnitten zurück.

Wie sind Sie auf dieses Thema gekommen?

Ich wusste das erste Jahr als Doktorand gar nicht so recht, wo ich mit dem Thema hin möchte. Was mir aber von Beginn an klar war: Ich wollte selbst etwas analysieren und scheute mich vor der Programmierung nicht. Das eigentliche Thema hat sich dann mit der Zeit ergeben. Dabei war auch das IndustryConnect-Projekt wichtig. Im Dialog mit den Unternehmen habe ich erfahren, welche Themen der Wirtschaft wichtig sind. So hat sich mein Thema dann aus den Erwartungen der Praxis und meinem persönlichen Interesse  zusammengesetzt.

Wieso haben Sie sich für eine Promotion entschieden?

Der Hauptgrund waren meine Hilfskrafttätigkeiten. So habe ich viele Erfahrungen im Bereich des wissenschaftlichen Arbeitens sammeln können, dir mir einen Ausblick darauf gegeben haben, wie das Promovieren sein könnte. Besonders wichtig war meine finale Hilfskrafttätigkeit und natürlich  meine Masterarbeit bei Frau Prof. Schubert in der Forschungsgruppe “Betriebliche Anwendungssysteme“.

Welche Aufgaben stehen zur Fertigstellung der Dissertation noch an?

Ich befinde mich auf der Zielgeraden. Ende Oktober habe ich meine Dissertation eingereicht. Jetzt steht in den nächsten Monaten noch die die wissenschaftliche Aussprache bevor.

Betreiben Sie neben Ihrer Dissertation noch weitere wissenschaftliche Aktivitäten?

Ich schreibe beispielsweise Reviews  für Konferenzen zu wissenschaftlichen Einreichungen und Journals. Das sind anonyme Gutachten zu Arbeiten anderer Forscher.  Anhand der Gutachten bestimmt die Konferenzleitung, welche Beiträge für eine Veröffentlichung auf der Konferenz angenommen werden. Darüber hinaus engagiere ich mich seit Kurzem in der Koordination eines Tracks. Das sind kleine thematische Spezialisierungen auf ein Unterthema innerhalb des sehr breit gefächerten Themas einer gesamten Konferenz. Ich bin an der Koordination der Hawaii International Conference on System Sciences beteiligt, einer renommierten Konferenz der Wirtschaftsinformatik.

Wie wird ihre Promotion finanziert?

Ich bin als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich 4 beim Institut für Wirtschafts- und Verwaltungsinformatik angestellt. Ich bin an einem Projekt in der Forschungsgruppe “Betriebliche Anwendungssysteme” beteiligt. Die Finanzierung meines Projektes und somit auch meines Gehaltes kommt durch Drittmittel von der DFG, der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Warum promovieren Sie in Koblenz?

Schon in meiner Studierendenzeit war für mich klar: Wenn Promotion, dann hier an der Universität in Koblenz. Während meiner Tätigkeit als studentische Hilfskraft fühlte ich mich in der Forschungsgruppe und im Kollegium aufgrund des familiären Klimas sehr wohl. Die überschaubare Größe ist für mich ebenfalls ein Grund. Die Doktorväter und -mütter sind greifbarer und die Betreuung ist gewährleistet. Außerdem wird in meinem Fachbereich immer versucht, einen Praxisbezug herzustellen, um nicht nur in der “theoretischen Blase” zu sein.

Wie sind Ihre Pläne nach der Dissertation?

Ich möchte auf jeden Fall die Karriere in der Wissenschaft weiterverfolgen. Am liebsten wäre es mir, noch für ein paar Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Koblenz zu bleiben, weil das IndustryConnect-Projekt und das gesamte Team eine tolle Umgebung zum Forschen erzeugen. Da ich davon viel profitiert habe, möchte ich nun auch etwas zurückgeben.

Was sollten Studierende mitbringen, die an eine Promotion denken?

Ganz wichtig ist Neugier. Dass man immer bereit ist, neue Dinge dazuzulernen. Außerdem sollte man offen sein, um Dinge auch mal aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Eine gewisse Leidensfähigkeit ist auch hilfreich, da eine Promotion nicht immer einfach ist und sich über einen langen Zeitraum zieht. Da gibt es Phasen, in denen läuft alles super und man hat viel Spaß. Und dann gibt es Phasen, in denen fühlt es sich so an, als würde nichts funktionieren. Dazu kann ich empfehlen, während des Studiums eine Hilfskrafttätigkeit auszuführen, um einen Lehrstuhl von Innen und wissenschaftliches Arbeiten besser kennenzulernen. Dann merkt man auch schnell, dass Universität mehr ist als nur Arbeit am Computer.

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