Aus dem Labor

Psychotherapeutische Universitätsambulanz hilft bei Angst und Panik

Leitet die Forschungs- und Lehrambulanz: Dr. Jens Heider an seinem Arbeitsplatz. Foto: David John

Leitet die Forschungs- und Lehrambulanz: Dr. Jens Heider an seinem Arbeitsplatz. Foto: David John

Behandeln, Lehren, Forschen: Seit 2002 bietet die Psychotherapeutische Universitätsambulanz (WiPP) Hilfe bei Krankheiten wie Depressionen, Ängsten oder Essstörungen. Rund 800 Erwachsene zwischen 18 und 80 Jahren werden hier jährlich in 10.000 Therapiestunden behandelt. Die Mitarbeiter der Forschungsambulanz evaluieren neue Therapiekonzepte und dessen Wirksamkeit. Im Fokus des neusten Projektes stehen Panikattacken und Angststörungen, die durch eine intensive Konfrontationstherapie besser behandelt werden sollen.

“Ein Mensch, der eine Panikattacke durchlebt, denkt, er würde sterben.” Dr. Jens Heider leitet die Forschungs- und Lehrambulanz an der Universität. Der Experte ist sich sicher: Wahrscheinlich hat jeder Mensch schon mal einen Anflug von Panik erlebt. “Das ist gar nicht so selten: Im Gedrängel einer großen Menschenmasse oder im Straßenverkehr, wenn das Auto ins Schleudern gerät, kann es leicht dazu kommen”, erklärt der 45jährige WiPP-Geschäftsführer. Für Menschen, die unter Agoraphobie leiden, wird die Angst zum ständigen Begleiter und schränkt ihren Alltag meist massiv ein.

Im WiPP werden vor allem Angststörungen, Depressionen und Psychosomatische Störungen erforscht und behandelt. Foto: David John

Im WiPP werden vor allem Angststörungen, Depressionen und Psychosomatische Störungen erforscht und behandelt. Foto: David John

Das Wort “Agora” stammt aus dem Griechischen und heißt Platz. “Die Bezeichnung Platzangst ist missverständlich, denn Agoraphobie meint eher die Angst vor der Angst. Also die Angst davor, in der Öffentlichkeit eine Panikattacke zu bekommen, die Kontrolle zu verlieren und beispielsweise ohnmächtig zu werden”, erklärt der Psychotherapeut. Als Folge versuchen die Betroffenen, angstauslösende Situationen zu vermeiden. Aus ständiger Sorge vor der nächsten Panikattacke werden alltägliche Handlungen wie der Supermarkteinkauf zum Höllentrip. Durch eine Verhaltentherapie kann dieser Teufelskreis durchbrochen werden.

Hilfe durch Konfrontationstherapie

Die Serie

Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.

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Das neue Konzept der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz: Eine komprimierte Behandlung mit 15 Einzelsitzungen in nur sechs Wochen. Der Vorteil: Die Therapie kann in den Alltag integriert werden und es bleibt zwischen den Sitzungen weniger Zeit für die Patienten, in alte Verhaltensmuster zurück zu fallen. In der WiPP wird zunächst in einem ein Erstgespräch ermittelt, ob eine psychische Störung vorliegt. Die Behandlungskosten werden dann im Regelfall von der Krankenkasse übernommen.

Ein Team aus rund 65 Therapeuten hilft den Patienten, sich ihren Ängsten zu stellen. Die Sitzungen mit geschulten Diplom-Psychologen finden auch außerhalb des Behandlungszimmers statt: “Es wird mit den Patienten geübt, den Bewegungsradius zu erweitern und beispielsweise wieder Bus zu fahren, auch wenn es zu Beginn sehr schwierig ist, eine angstbesetzte Situation auszuhalten und den natürlichen Fluchtinstinkt zu unterdrücken”, schildert Dr. Jens Heider. Wenn die Patienten jedoch merken, dass die Angst irgendwann weniger wird, habe das eine sehr starke Überzeugungskraft. Ein Umlernen finde statt.

Wohlfühlatmosphäre im Therapiezimmer der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz. Foto: David John

Wohlfühlatmosphäre im Therapiezimmer der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz. Foto: David John

Das Forschungsprojekt soll noch mindestens die nächsten zwei Jahre in Kooperation mit der Universität Bremen laufen. Die Erhebungen werde anonymisiert durchgeführt. Andere häufig vorkommende Störungen wie Depressionen werden in der WiPP jedoch über eine längere Zeitspanne behandelt. Einige Therapien können bis zu zwei Jahren dauern, “denn es braucht Zeit, eine Beziehung zwischen Patient und Therapeut auszubauen. Das ist ein wichtiges Mittel zur Veränderung”.

Phobie Prüfungsangst

Herzklopfen, Denkblockaden, Blackout: Für viele Studierende ist alleine der Gedanke, in einer Prüfungssituation bewertet zu werden, purer Stress. “Wenn die Furcht vor Prüfungen die Leistung beeinträchtigt, deswegen Prüfungen geschoben werden oder die Person mit dem Studium nicht weiterkommt, hat auch diese Angst einen Krankheitswert”, erklärt Heider. Er rät, mit einer Behandlung nicht erst bis zum Prüfungszeitraum zu warten, auch wenn der Druck dann am höchsten sei. Bis die Behandlung anlaufen kann, dauere es einige Wochen. Studierende sollten sich daher frühzeitig Hilfe holen.

Der Empfang der Psychologischen Ambulanz. Foto: John

Der Empfang der Psychologischen Ambulanz. Foto: John

Damit Prüfungsangst erst gar nicht entsteht, sollte vor allem die Vorbereitung stimmen. Heiders Tipp: “Rechtzeitig im sinnvollen Maße lernen, um das Anspannungsniveau niedrig zu halten. Denn wenn jemand vorher schon sehr angespannt ist, kommt er leichter in Angstzustände, die er nicht mehr kontrollieren kann. Ein Blackout zum Beispiel.”

Vor der Prüfung sollte außerdem die Balance zwischen Lernen und Erholung gehalten werden. “Also ab und zu eine ausgleichende Auszeit gönnen. Das heißt nicht, anfangen zu putzen, sondern schöne Dinge unternehmen oder Freunde treffen.” Aber was tun, wenn die Prüfung kurz bevorsteht und die Aufregung immer weiter steigt? Ablenkung ist eine wirksame Akutmaßnahme, die unmittelbar vor Prüfungen wirkt. “Es hilft, die Aufmerksamkeit nach außen zu richten. Weg von Inneren und Körpersymptomen wie Schwitzen und Herzrasen.” Mit einem Freund zur Prüfung erscheinen und sich über die letzte Party zu unterhalten, lenke die Gedanken weg von der Angst. Körperliche Anspannung lasse sich ganz einfach durch Bewegung abbauen. Wer also eine halbe Stunde vor der Prüfung erscheint, sollte eine Runde über den Campus laufem statt die Zeit abzusitzen.

Katharina Greb

Psychotherapeut Dr. Jens Heider hat selbst in Landau studiert. Foto: David John

Psychotherapeut Dr. Jens Heider hat selbst in Landau studiert.

Wer sich über die Psychotherapeutische Universitätsambulanz oder den Weiterbildungsstudiengang in Psychologischer Psychotherapie interessiert, kann sich im Internet unter www.wipp-landau.de informieren.
Kurzbiographie: Jens Heider, geb. 1968, Dr. phil., Psychologischer Psychotherapeut. Bis 1999 Psychologiestudium an der Universität in Landau. 2000 bis 2007 klinische und wissenschaftliche Tätigkeit u.a. in der Parkklinik Bad Bergzabern und der Universität Koblenz-Landau. Seit 2007 Geschäftsführer der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz in Landau sowie Supervisor und Dozent im Weiterbildungsstudiengang Psychologische Psychotherapie.

 

 

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