Promovierende im Interview

Motivation in der Lehrerbildung

Welche Rolle spielt die Motivation für das Lernverhalten? Und wie können Lehrende ihre Schüler nachhaltig motivieren? Diesen und weiteren Fragen widmet sich Lehramtsstudentin Linda Schürmann in ihrer Dissertation. Foto: René Lang

Welche Rolle spielt die Motivation für das Lernverhalten? Und wie können Lehrende ihre Schüler nachhaltig motivieren? Diesen und weiteren Fragen widmet sich Lehramtsstudentin Linda Schürmann in ihrer Dissertation. Foto: René Lang

Linda Schürmann ist das, was man ein Motivationstalent nennt. Die 28-Jährige studierte neben ihrem Lehramtsstudium in den Fächern Biologie, Englisch und Bildungswissenschaften zeitgleich an der FernUniversität in Hagen Psychologie. Aktuell promoviert Sie im Rahmen des Projekts MoSAiK am Koblenzer Institut für Psychologie zum Thema Motivation.

Bitte erklären Sie das Thema Ihrer Dissertation in wenigen Sätzen.

Person mit Büchern. Foto: Siora PhotographySie forschen, organisieren Tagungen oder schreiben Fachartikel: In dieser Serie sprechen wir mit Promovierenden an unserer Universität.

Meine Dissertation trägt den Arbeitstitel Motivation und motivationale Kompetenz an außerschulischen Lernorten. Darin gehe ich davon aus, dass Motivation entscheidend für das menschliche Lernverhalten ist. Die Fähigkeit, zu motivieren, gilt als wichtige Kompetenz im Lehramt. Aber wie können Lehrende ihre Schüler nachhaltig motivieren? Welche Methoden können sie anwenden? Was empfinden Schüler überhaupt als motivierend? Hinzu kommt der Aspekt der außerschulischen Lernorte. In der Schule verhalten sich Lernende anders als in ihrer Freizeit. Wo können Schüler motiviert arbeiten? Was macht solche Orte aus? Welche Unterschiede liegen zur schulischen Umgebung vor? Diesen Fragen gehe ich in meiner Promotion nach, die ich im Rahmen des Projekts MoSAiK (Modulare Schulpraxiseinbindung als Ausgangspunkt zur individuellen Kompetenzentwicklung) anstrebe. Hier beschäftigen wir uns vor allem mit der Verbesserung der Lehrerbildung. Gleichzeitig bin ich auch am Institut für Psychologie beschäftigt.

Was ist eigentlich Motivation? Und wie erforscht man sie?

Im Alltag würde man Motivation als einen Antrieb bezeichnen, der uns dazu bewegt, bestimmte Dinge zu tun. Im wissenschaftlichen Kontext konzentriere ich mich auf die Persistenz, Intensität sowie Richtung von Verhalten und betrachte auch qualitative Unterschiede von Motivation.. Wie lange halte ich ausdauernd an einer bestimmten Sache fest? Aus welchen Gründen? Was treibt mich an? Als Biologin würde ich diese Prozesse gerne objektiv messen. Das lässt sich aber schwer umsetzen, da sie quasi unsichtbar stattfinden. Sie spielen sich im Inneren einer Person ab. Daher bin ich in der Forschung zum Beispiel auf die Methoden der Selbstbeschreibung und Beobachtung angewiesen. Bei Motivation handelt es sich außerdem um subjektives Empfinden. Wenn ich beispielsweise durch etwas motiviert werde, heißt das nicht, dass auch andere diese Einstellung teilen. Das macht meine Forschung umso spannender.

Was fasziniert Sie an diesem Thema?

Mich fasziniert die positive Besetzung des Themas. Es geht immer darum, Potenziale auszuschöpfen. Ich teile die Überzeugung, dass jeder Mensch daran interessiert ist, sich selbst und seine Umwelt zu entdecken. Hierzu zählt die Erkenntnis, dass selbst mit kleinen Dingen Vieles bewirkt werden kann. Im Unterricht kann ich beispielsweise über adäquates, informatives Feedback die Motivation eines Schülers heben, indem ich individuell auf ihn eingehe. Ein weiterer Reiz an meinem Feld liegt darin, dass es noch viele offene Fragen gibt, die es zu erforschen gilt.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?

Meine Arbeitstage gestalten sich immer unterschiedlich. Ich biete Blockseminare an und bin damit zeitweise in der Lehre tätig. Hinzu kommt die Betreuung sowie Korrektur von Haus- und Abschlussarbeiten. Da ich kumulativ promoviere, gibt es auch immer Phasen, in denen ich Artikel für Fachzeitschriften aufsetze.

Worin unterscheidet sich eine kumulative Promotion denn von anderen?

Häufig schließt man die Promotion in Form einer Monografie ab, die über einen Verlag veröffentlicht wird. Je nach Fachbereich kann sich das Vorgehen aber unterscheiden. Die kumulative Promotion ist publikationsbasiert: In der Psychologie werden im Laufe der Promotion oft mehrere eigenständige Texte nach einem Peer-Review-Prozess veröffentlicht, also Artikel, die in Fachzeitschriften erscheinen. In meinem Fall werden drei solcher Artikel angesetzt, die auf eigenen Studien zu meinem Dissertationsthema beruhen. Abschließend erstelle ich eine Synopse, die unter anderem darstellt, wie die veröffentlichten Artikel miteinander zusammenhängen. Das Ergebnis dieses Prozesses stellt meine Doktorarbeit dar.

Haben Sie schon Ergebnisse, über die Sie berichten können?

Bisher habe ich noch nichts veröffentlicht und kann daher nur wenig berichten. Zu Beginn meiner Promotion haben wir bei MoSAiK unter den Studierenden eine Erhebung durchgeführt, wie sie Motivation als Thema in der Lehrerbildung bewerten. Der Zuspruch war enorm, wobei viele das Thema als relevant markierten.

Warum gerade in Koblenz?

Ich kam aus der näheren Umgebung. Außerdem wollte ich Lehramt studieren. Nebenbei habe ich an der FernUniversität in Hagen im Fernstudium Psychologie studiert. Da ich mich für beide Disziplinen interessierte, hat sich dieses Vorgehen angeboten.

Zwei Studiengänge gleichzeitig studieren? Wie hat das funktioniert?

Das werde ich häufiger gefragt (lacht). An der FernUniversität Hagen konnte ich vor Beginn des Semesters meine Module belegen. Wie viele ich davon belegen wollte, blieb mir überlassen. Während des laufenden Semesters arbeitete ich meine Unterlagen durch, die mir stapelweise zugesandt wurden. Zu Semesterende habe ich die jeweiligen Module meistens in Form von Klausuren abgeschlossen. Insgesamt gab es nur wenige Tage, an denen ich in Hagen präsent sein musste, was das Studium für mich umso attraktiver machte. Meinen Stundenplan in Koblenz ergänzte ich dementsprechend um die Angebote der FernUniversität. Da ich neben meinem Studium zusätzlich arbeiten ging, hatte ich keine Semesterferien. Das war zwar schade, aber die Kombination der Studiengänge gefiel mir so gut, dass es mir die Mühe wert war. Vieles, was ich über Psychologie lernte, konnte ich auch in meinem Lehramtsstudium anwenden und umgekehrt.

Wieso haben Sie sich für eine Promotion entschieden?

Mein Fokus lag vor allem auf meinem Lehramtsstudium, wobei ich mich inhaltlich immer auch mit der Psychologie beschäftigte. Ich habe früh angefangen, meine Studiengänge miteinander zu verknüpfen, etwa in meiner Bachelorarbeit. Nach meinem Abschluss wurde ich über Professorin Quaiser-Pohl – meine jetzige Doktormutter – als Hilfswissenschaftlerin am Institut für Psychologie eingestellt. Zeitgleich zum Ende meines Masters war eine Stelle bei MoSAiK frei, die ideal zu mir und meiner Forschung passte. Die Promotion erschien mir als der logische nächste Schritt. Mit der Wissenschaft, Forschung und Lehre vereine ich hierin alles, wofür ich mich interessiere.

Wie wird Ihre Promotion finanziert?

Ich bin sowohl bei MoSAiK als auch im Institut für Psychologie angestellt.

Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft?

Ich kann mir einiges vorstellen. Wie bereits in meinem Studium gefallen mir viele Optionen. Ich genieße die Arbeit an der Universität. In der wissenschaftlichen Branche fühle ich mich wohl, wobei ich simultan in der Lehre tätig sein kann. Eine andere Möglichkeit sehe ich in der freien Wirtschaft, etwa im Personalwesen oder der Personalentwicklung. Alternativ kann ich mich auch auf die Lehre fokussieren, indem ich mein Referendariat absolviere oder in Richtung Coaching gehe. Ich halte mir meine Entscheidung noch offen.

Welche Aufgaben ergeben sich noch im Zuge Ihrer Promotion?

Es steht noch einiges an. Bisher habe ich eine Vielzahl an Daten erhoben. Nun müssen die dazugehörigen Paper veröffentlicht werden. Das bedeutet, dass ich mich gerade im Schreibprozess befinde. Gleichzeitig suche ich nach geeigneten Fachzeitschriften, in denen meine Ausführungen veröffentlicht werden können. Danach widme ich mich der finalen Zusammenführung. Nebenbei bin ich in der Lehre aktiv und beteilige mich bei MoSAiK. Dessen erste Laufzeit endet zwar im Sommer 2019, die zweite Förderphase der Qualitätsoffensive Lehrerbildung beginnt aber gleich im Anschluss.

Was unternehmen Sie, um sich zusätzlich zu qualifizieren?

Ich nutze vor allem die Angebote des Interdisziplinären Promotionszentrums (IPZ). Dabei besuche ich einen bunten Querschnitt der angebotenen Seminare. Vom Business-Knigge über Lehrgänge zum kumulativen Promovieren bis hin zur qualitativen und quantitativen Forschung konnte ich bereits einige Angebote wahrnehmen. Ich engagiere mich im Club Junger Forschender unserer Universität. Außerdem nehme ich am Mentoring-Programm ment² teil. In den dort gebotenen Seminaren und bei meiner Betreuerin fühle ich mich sehr wohl. Zuletzt sind die zahlreichen Möglichkeiten der Weiterbildung, die mir bei MoSAik geboten werden, ebenso wichtig.

Wie organisieren Sie Ihren Arbeitsablauf?

Das ist von vielen Faktoren abhängig. Im MoSAiK-Projekt habe ich feste Laufzeiten und Fristen. Ich weiß etwa, bis wann ich einen Zwischen- oder Abschlussbericht aufsetzen muss. Bei meiner Dissertation gestaltet sich die Zeitplanung etwas schwieriger. Wenn ich meine Daten erhebe, bin ich oft von anderen Menschen abhängig. Ebenso verhält es sich bei der Veröffentlichung meiner Studien. Wenn ich meine Paper einreiche, dauert es etwas, bis ich eine Rückmeldung erhalte. Diese enthält meistens einige Verbesserungsvorschläge. Dabei geht es lange hin und her, bis ein Artikel wirklich veröffentlicht wird. Ich bin auch regelmäßig Teil von Konferenzen, bei denen ich den Fortschritt in meiner Forschung präsentiere und wichtiges Feedback von anderen Mitgliedern der Community bekomme.

Was sollten Studierende mitbringen, die an eine Promotion denken?

Ich denke, dass ein grundsätzliches Interesse für das ausgewählte Thema unumgänglich ist, da man sich lange und intensiv hiermit auseinandersetzt. Durchhaltevermögen und Selbstorganisation halte ich für ebenso wichtig.

Haben Sie einen Tipp, wie man sich selbst motivieren kann?

Mir tut es immer gut, wenn ich mir vergegenwärtige, warum ich etwas mache. Der Grund, warum ich etwas angefangen habe, ist für mich entscheidend. Daran festzuhalten, kann mir dabei helfen, Flauten zu überbrücken. Manchmal ist es auch nützlich, ein großes Ziel in Etappenziele zu unterteilen, um immer wieder Erfolge zu erleben. Oder man wird kreativ und bearbeitet Sachen so, dass sie Spaß machen. Um sein Englisch zu verbessern, kann man Serien auf Englisch schauen. Wenn ich nicht gerne lese, findet sich vielleicht ein Hörbuch. In der Frage, wie ich meine Ziele erreiche, sind mir kaum Grenzen gesetzt.

Das Interview führte René Lang