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Mit dem Zelt auf dem Rücken durch den Wald

Versteckt im Wald liegen in vielen Regionen Deutschlands Trekkingzeltplätze - auch in Rheinland-Pfalz. Fotos: Privat

Versteckt im Wald liegen in vielen Regionen Deutschlands Trekkingzeltplätze - auch in Rheinland-Pfalz. Fotos: Privat

Zelten im Wald – ist das in Deutschland nicht verboten? Nicht immer. Zwar gibt es bei uns aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte kein Jedermannsrecht, aber wer im Wald unterwegs ist, kann Übernachtungen auf Trekkingplätzen buchen – auch in Rheinland-Pfalz. Uniblog-Redaktionsassistentin Laura Schwinger hat ausprobiert, wie es ist, mehrere Tage am Stück durch den Wald zu wandern.

Ich liege im Zelt und atme tief durch. Obwohl es draußen kalt ist – schließĺich ist schon Ende Oktober – ist mir sehr warm. Eigentlich fühle ich mich hier, zusammen mit meinem Freund auf einem Trekkingzeltplatz, nicht allzu weit von der nächsten Ortschaft entfernt, sicher. Doch heute Abend fällt mir das Einschlafen schwer. In Gedanken bin ich immer noch tief im Wald. Und kann nicht so ganz glauben, dass wir es zum Zelt geschafft haben, bevor es richtig dunkel wurde.

Mehr als Wandern

Die weite Welt beginnt schon vor der Haustür. Unter dem Motto Region entdecken gehen wir mit euch auf Erkundungstour.

Wir gehören zu den vielen Stadtmenschen, die im Corona-Jahr 2020 in den Wald geflüchtet sind. Ein Tagesausflug hat uns dabei nicht gereicht, darum haben wir uns fürs Trekking entschieden, und zwar mit Ausrüstung auf dem Rücken von Zeltplatz zu Zeltplatz. Dass das geht, obwohl Zelten im Wald in Deutschland normalerweise nicht erlaubt ist, verdanken wir dem Konzept des Trekkingplatzes. Verschiedene regionale Anbieter stellen diese Flecken im Wald zum Zelten zur Verfügung. Buchen muss man vorab online. Unsere Entscheidung fällt auf den Pfälzerwald im August und auf die Eifel, in der wir für Ende Oktober noch ein paar freie Plätze ergattern. Durch die Corona-Beschränkungen hat die Nachfrage stark zugenommen, erzählt mir Uta Holz von Südliche Weinstrasse e. V., dem Anbieter für Trekking Camps im Pfälzerwald. Hier sind 2009 die ersten Zeltplätze entstanden, die man auf eigenständigen Wanderungen zum Übernachten nutzen kann. Die ursprüngliche Initiative geht auf zwei Förster zurück. Über die Jahre entstanden weitere Plätze, die jeweils von Ehrenamtlichen betreut werden. 2010 belegte das Projekt den dritten Platz beim Deutschen Tourismuspreis. Durch das anschließende Presse-Echo verbreitete sich die Idee, inzwischen gibt es in vielen Regionen Deutschlands Trekkingplätze. 

Was kann zu Hause bleiben?

Das muss mit

Zelt (vorher probeaufbauen)
Isomatte
Schlafsack
Ggf. extra Zeltschnüre (je nach Platz)
Getränkekanister mit Trinkwasser
Fest schließende Brotdose
Tasse
Besteck
Wasserfilter
Lebensmittel
Taschenmesser
Verbandmaterial
Handtuch
Toilettenpapier
bei Bedarf Ohropax & Schlafmaske
Taschenlampe & Ersatzbatterien
Smartphone, ggf. mit App
Wanderkarten
Regenschutz

Nach der Buchung beginnen wir gleich zu planen. Einen Großteil der Ausrüstung können wir uns von Verwandten und Freunden leihen. Allerdings gilt beim Packen: Zu Hause lassen, was geht. Spätestens nach der ersten Wanderung, bei der man zehn Stunden lang das eigene Hab und Gut auf dem Rücken trägt, nimmt man diese Regel ernst. Ist die Umverpackung des Zelts wirklich nötig? Reicht eine Tasse nicht für beide? Wie kann man beim Essen Platz und Gewicht sparen? Mehr als zehn Kilo sollten es nicht werden. Wegen akuter Waldbrandgefahr ist das Feuermachen auf vielen Trekkingplätzen nicht gestattet. Das betrifft auch Gaskocher. Man muss sich also anderweitig helfen: Milchpulver, Haferflocken und Couscous lassen sich auch kalt zubereiten, wenn man etwas Zeit einplant. Man kann zum Beispiel Couscous mit getrockneten Tomaten und Gemüsebrühe anreichern. Für die Zubereitung gibt man eine Portion in ein dichtes Gefäß und gießt Wasser hinzu. Nach zwei Stunden ist die Mahlzeit fertig. Kalt angerührten Instant-Kaffee wollten wir lieber nicht ausprobieren und haben uns stattdessen für Kakaopulver mit Guarana entschieden. Ansonsten greift man am besten zu Produkten mit hoher Nährwertdichte und guter Haltbarkeit – zum Beispiel Pumpernickel, gekochte Eier, Hartkäse und Dauerwurst. Nüsse und Trockenfrüchte kann man in kompakte Energiebällchen verwandeln. Wir haben jeden Tag das Gleiche gegessen, uns aber auf die jeweils unterschiedlichen Mahlzeiten gefreut. Die Mengen an Lebensmitteln sollten so bemessen sein, dass nichts übrig bleibt. Ein Großteil des Packgewichts geht an Wasserkanister, deren Inhalt zumindest für zwei Tage reichen sollte. Pro Person und Tag werden mindestens zwei Liter benötigt. Fürs Auffüllen ist man auf Wasserhähne oder natürliches Trinkwasser angewiesen. Ein Outdoor-Wasserfilter kann hier hilfreich sein.

Für unsere Übernachtungen auf den Trekkingplätzen in Rheinland-Pfalz sind wir gut gerüstet. Hier einer unserer Wasserkanister, unser Geschirr und unser Frühstücksmüsli.

Auf Trekking-Wanderungen ist es sinnvoll, effizient zu packen. Hier einer unserer Wasserkanister, unser Geschirr und unser Frühstücksmüsli.

Zu jedem Zeltplatz gehört ein stilles Örtchen. Allerdings ohne Beleuchtung - darum die Taschenlampe nicht vergessen.

Zu jedem Zeltplatz gehört ein stilles Örtchen. Allerdings ohne Beleuchtung – darum die Taschenlampe nicht vergessen.

Auf unbekannten Wegen

Für Untrainierte kann das Wandern mit Gepäck sehr anstrengend sein. Eine Probewanderung mit beladenem Rucksack hilft bei der Einschätzung der eigenen Kräfte. Grundsätzlich ist die Streckenplanung nicht nur eine Frage der Weglänge, Höhenmeter machen ebenfalls viel aus. Daher sollten eventuell lieber kürzere Touren geplant oder ein Teil der Strecke mit dem Zug zurückgelegt werden. Ganz wichtig ist natürlich die Orientierung. Zeltplatzanbieter geben hier Empfehlungen für Wanderkarten, Apps oder Tourenbeschreibungen an. Mit der App von Südliche Weinstrasse e.V. kann man von einem Platz zum anderen wandern und neuerdings auch die eigene Strecke aufzeichnen. Bei mehrtägigen Wanderungen macht man das Smartphone aber besser aus, um für den Notfall gewappnet zu sein. Wir haben uns sowohl in der Pfalz als auch in der Eifel verlaufen und waren froh, genügend Akku zu haben, um uns dann zum Zeltplatz navigieren zu lassen, während die Sonne schon unterging. Einmal ist nach dem Aufbau des Zelts noch Zeit für einen Spaziergang. Leider vergucken wir uns bei der Route und müssen auf dem Rückweg mitten durch den den Wald gehen – auf befestigten Wegen würden wir den Zeltplatz erst in voller Dunkelheit erreichen. Im Wald ist es auch nicht gerade hell, das Gelände uneben, wir müssen unter tiefen Zweigen hindurchkriechen.

Der Wald ist ein Sehnsuchtsort, aber auch Schauplatz von Märchen und unheimlichen Geschichten. Dass Rotkäppchen wieder aus dem Bauch des Wolfs herausgeholt wird, haben die Brüder Grimm hinzugedichtet. Im französischen Original gibt es dieses glückliche Ende nicht. Als ich nach unserem Kraftmarsch endlich das Zelt hinter uns zu gemacht habe, dauert es eine ganze Weile, bis ich zur Ruhe komme. Vielleicht träume ich ja nur, dass ich mich in meinem Schlafsack befände, und bin eigentlich in den Waldbach gefallen, an dem wir uns orientiert hatten? Irgendwann gelingt es mir, einzuschlafen. Am nächsten Tag fühle ich mich beschwingt. Das Gefühl von Abenteuer ist ein Teil dessen, was solche Wanderungen ausmacht. Man ist auf sich allein gestellt. Wenn nachts ein Käuzchen ruft, kann das schon ein wenig unheimlich sein. Andererseits ist kein deutscher Wald wirklich weit von der nächsten Ortschaft entfernt und hiesige Wildtiere sind weitgehend ungefährlich.

Wer auf den Trekkingplätzen in Rheinland-Pfalz übernachtet, kann viel entdecken. Auf dem Steigerkopf bei Edenkoben liegt der Schänzelturm, von dem aus man den Blick über den Pfälzerwald schweifen lassen kann.

Auf dem Steigerkopf bei Edenkoben liegt der Schänzelturm, von dem aus man den Blick über den Pfälzerwald schweifen lassen kann. Außerdem wachsen hier köstliche Brombeeren.

Auch jenseits der Grenzen von Rheinland-Pfalz liegen interessante Trekkingplätze. Die Dreiborner Hochfläche im Nationalpark Eifel wird durch regelmäßiges Mähen oder Beweidung mit Schafen instand gehalten. Das Grünland bietet vielen Tieren Lebensraum und Nahrung.

Ein kleines Wegstück ohne Wald: Die Dreiborner Hochfläche im Nationalpark Eifel wird durch regelmäßiges Mähen oder Beweidung mit Schafen instand gehalten. Das Grünland bietet vielen Tieren Lebensraum und Nahrung.

Immer mehr Outdoor

Obwohl Südliche Weinstrasse e. V. seine Plätze erst öffnen und aus Sicherheitsgründen nicht voll auslasten konnte, ist die Zahl der Buchungen 2020 stark angestiegen. “Die Plätze waren zu etwa 90 Prozent ausgebucht”, sagt Uta Holz. “Dieses Jahr wird es vermutlich genauso sein.” Viele Gäste seien Stadtmenschen auf der Suche nach Abenteuer. Durch Corona hätten viele ihren geplanten Urlaub in der Ferne in den Pfälzerwald verlegt. “Wir hatten letztes Jahr auch mehr Besucher aus dem Ausland”, so Holz, “zum Beispiel aus den Niederlanden, die vorher nicht so stark vertreten waren.” Wird der Trend auch nach Corona anhalten? Holz ist optimistisch: “Outdoor-Themen waren auch in den Jahren vor 2020 schon extrem stark nachgefragt. Ich denke, dass das so bleiben wird.”

Auch die Reflexion des Klimawandels und eine minimalistischere Freizeitgestaltung fördern das Interesse an regionalen Outdoor-Angeboten. Wichtig ist dabei natürlich, keinen Müll im Wald zu hinterlassen. Schon ein Papiertaschentuch kann Jahre brauchen, um zu verrotten. Mit zunehmender Waldnutzung landet leider mehr Abfall im Wald. Im Zuge des World-Clean-Up-Days findet daher im Pfälzerwald am 19. September 2021 eine Säuberungsaktion statt, bei der Freiwillige helfen können – eine Chance, den Wald besser kennenzulernen, die Lust auf mehr machen kann. Mit seinem weichen, trockenen Boden, hohem Laubwaldanteil und schön gelegenen Zeltplätzen eignet sich der Pfälzerwald auf jeden Fall gut für erste Trekking-Abenteuer. Von Koblenz sind auch die Trekkingplätze im Naturpark Hohes Venn-Eifel gut zu erreichen.

 Laura Schwinger

3 Kommentare

  1. Cornelia Leber sagt

    Hey Laura, wieviel kostet so eine Übernachtung und wieviel vorher muss man buchen? 🙂

  2. Laura Schwinger sagt

    Hallo Cornelia,
    eine Übernachtung kostet je nach Anbieter zwischen 5 und 15 € pro Person oder Zelt. Meistens kannst du über einen Kalender einsehen, wann noch Plätze frei sind und so auch relativ spontan buchen. Da die Sommermonate früh ausgebucht sein können, ist es aber gut, sich früh darum zu kümmern. Leider sind durch Corona im Moment nicht bei allen Anbietern Buchungen möglich.

    Viele Grüße

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