Uni-Menschen

Tierische Bildsprache und Maschinenästhetik: Landauer Studenten erobern die Kunstszene

Kunst-Student Benjamin Burkard vor seinem Werk "Leviathan". Foto: Privat

Kunst-Student Benjamin Burkard vor seinem Werk "Leviathan". Foto: Privat

Dominik Schmitt und Benjamin Burkard verbindet mehr als ihre Leidenschaft für Kunst: Die zwei Lehramtsstudenten belegen die Fächer Kunst und Biologie am Campus Landau, sie arbeiten nur wenige Meter voneinander entfernt im Atelier der Universität Koblenz-Landau und wohnen sogar in derselben WG. Beide gewannen den deutschlandweiten Förderpreis der Villa Böhm für junge Kunst in Neustadt und erhielten das Heinrich-von-Zügel-Stipendium der Stadt Wörth. Ein Doppelporträt.

Ihre Bilder berühren, ihr Talent ist bereits über die Grenzen der Pfalz bekannt: Die Schüler von Kunst-Dozent Günther Berlejung haben seit Beginn des Studiums ihren ganz eigenen Stil entwickelt. Nicht zuletzt durch die Förderung des Landauer Dozenten: „Von ihm wurde ich von Anfang an gepusht. Er lässt jedem Studenten beim Malen seine Freiheiten und versucht, das zu intensivieren, was schon da ist. Seine Meinung ist mir unheimlich wichtig“, erzählt Benjamin Burkard. Auf den Bildern des gebürtigen Kandelers dreht sich alles um Mensch und Maschine. Seine Gedanken rund um das Thema Maschinenästhetik spiegeln sich nicht nur auf der Leinwand wider, Burkard bearbeitete es sogar in seiner Examensarbeit: „Das Thema Maschine ist besonders in der Neuzeit unheimlich spannend. Denn wir sind von Maschinen abhängig, wissen aber nicht mehr so genau, wann wir mit einer Maschine verbunden sind und wann nicht.“ Mit Acryl, Lack, Buntstift, Bleistift und Öl malt der Student Zahnräder, zerfließende Figuren und Menschengestalten. Seit Neustem zieren auch Tiere seine Leinwände.

Benjamin Burkard vereint in seinen Bildern Mensch und Maschine. Foto: Katharina Greb

Benjamin Burkard vereint in seinen Bildern Mensch und Maschine. Foto: Katharina Greb

Seine besondere Vorgehensweise: Erst trägt er Farbe auf, anschließend zerstört er das Gemalte wieder mit Lösungsmitteln. Benjamin Burkard erklärt: „Ich versuche eine Gratwanderung zwischen Figuration und Abstraktion zu schaffen. Das heißt, je realistischer eine Figur in dem Bild wird, desto mehr versuche ich, sie auch wieder zu zerstören. Das hat den Reiz, dass ich Ungegenständliches mit Gegenständlichem vermische und dadurch ein Spannungsverhältnis schaffe.“ Diese experimentelle Technik nennt er visuelle Alchemie, in der er alles auseinanderpflücke und zu ganz neuen Bestandteilen rekombiniere.

Aus Maschine, Mensch und Tier versucht der kreative Kopf immer wieder, neue Verbindungen zu knüpfen. Wer Burkards Bilder betrachtet, der geht auf eine Entdeckungsreise. „Meine Bilder sollen den größtmöglichen Freiraum an Interpretation liefern. Jeder hat seine eigenen Kategorien und Symbole, deswegen erkennen manche Menschen in Details ein Zebra und andere sehen einen Schädel. Bei genauem Hinsehen ergibt sich immer etwas Neues.“

Noch bis zum 15. Dezember stellt der 27-Jährige in der Villa Böhm in Neustadt über 40 Werke in seiner Einzelaustellung mit dem Titel „Naturzustand“ aus. Auf knapp 200 Quadratmetern zeigt er neben übergroßen Werken auch Installationen und Zeichnungen: „Es ist eine einmalige Chance, in der Villa Böhm auszustellen. Der Titel der Ausstellung allein ist für die Menschen, die meine Bilder kennen, ja schon eine Irritation an sich. Ein scheinbarer Widerspruch.“ Der neuste Clou ist eine Installation: In „Vivarien“ aus Holzkisten und Glasvitrinen aus alten Aquarien stellt Benjamin Burkard seine Zeichnungen aus. „Sie passen wunderbar zum Stil der Bilder.“

Geteilte Kindheitsträume und tierische Leitmotive

Als Kind wollte der angehende Gymnasiallehrer genau wie sein Kollege Dominik Schmitt Paläontologe werden. Dinosaurier finden sich bei genauerem Hinsehen auf den Leinwänden von Dominik Schmitt wieder. Für den Künstler sind Saurierschädel in seiner Bildsprache ein Kindheitsmotiv: „Zu unserer Zeit gab es eine Dino-Zeitschrift, die ich gesammelt habe. In jedem Heft war ein Stück von einem Skelett und irgendwann hat man ein ganzes Plastikskelett gehabt, das im Dunkeln leuchtete.“

Eine fast kindliche Begeisterung ist Dominik Schmitt noch heute anzusehen. Vor allem dann, wenn er von seinen zahllosen Projekten erzählt. Eigentlich führt er ein klassisches Studentenleben, sagt er, aber dann sei da noch der Job in der Kunsthalle Mannheim, Ausstellungsvorbereitungen, Kinderbuch-Illustration, ein Musikvideo-Dreh für die befreundete Landauer Band „Lluvia“ und eine CD-Cover-Kreation für die Mainzer Sängerin „Mine“. Auch zwei Kurzfilme hat Dominik Schmitt schon veröffentlicht. Die skurrilen Werke aus Zeichentrick mit dem Namen „Plazenta“ und „Paradigma“ entstanden in jahrelanger Arbeit. Um seine Bilder in Bewegung zu bringen und ihnen Leben einzuhauchen, malte Dominik Schmitt allein für „Paradigma“ über 9 000 Einzelbilder. „Im Entstehungsprozess habe ich jede freie Minute im Atelier verbracht. Da ich gleichbleibendes Licht brauchte, musste ich nachts malen, um minimale Veränderungen auf den Fotos zu verhindern.“

Neue Ideen und Einfälle notiert Dominik Schmitt in seinem Skizzenbuch. Foto: Privat

Neue Ideen und Einfälle notiert Dominik Schmitt in seinem Skizzenbuch. Foto: Privat

In Planung ist ein neuer Film mit Cut-Out-Animations-Technik, wie z.B. bei der US-Zeichentrickserie „Southpark“. Der gebürtige Lambrechter hat bereits mit Schablonen experimentiert. „Ich versuche, alles gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen. Ob das gut ist, weiß ich nicht. Aber ich mache das, worauf ich halt Bock hab’.“

Die Bilder von Dominik Schmitt erscheinen auf den ersten Blick düster. Gespenstisch weiße Hasen, Fische oder Schafe tummeln sich auf dunklem Hintergrund. Doch er möchte darin auch seine Verbundenheit zu Natur ausdrücken. „Die Bilder sind mit viel Schwarz gemalt, aber ich empfinde sie nicht als düster.“

Die Tiere auf der Leinwand sind wie Schauspieler auf der Bühne im Leben von Dominik Schmitt. „Im Grunde genommen geht es in meinen Bildern um eine Auseinandersetzung mit mir selbst.“ Deswegen kommt der Künstler auch häufig auf seinen eigenen Bildern vor, meist nackt und zeitlos. Auf nackte Leinwände malt er aber ungern: „Am Anfang tapeziere ich Papier, also alte Zeichnungen oder Uni-Unterlagen  durcheinander auf die Leinwand. So habe ich dann irgendwann einen Maluntergrund, mit dem ich das Bild beginnen kann und der mich Formen und Gestalten sehen lässt, die aus dem Unbewussten kommen – Bilder, die ich also niemals hätte planen können.“ Auch Dominik Schmitt arbeitet mit vielen Materialien, für seine Motive benutzt er neben Acrylfarbe auch Farbstifte, Bleistifte, Edding, Öl, Kreide oder Sprühfarben. „Ich versuche, mir möglichst nichts zu verbieten.“

Mit seinen Bildern möchte Dominik Schmitt seine Faszination für Tiere und seine Naturverbundenheit ausdrücken. Foto: Privat

Mit seinen Bildern möchte Dominik Schmitt seine Faszination für Tiere und seine Naturverbundenheit ausdrücken. Foto: Privat

Kumpel oder Konkurrenten?

Dominik Schmitt und Benjamin Burkard lernten sich vor fünf Jahren an der Uni kennen und waren mit ihren Bildern außergewöhnlich erfolgreich. Konkurrenzdruck gibt es zwischen ihnen aber nie. „Inzwischen sind Benjamin und ich gute Kumpel,“ findet Dominik. Benjamin ist derselben Meinung: „Wir sind Mitbewohner und haben uns sehr lieb.“ Die beiden arbeiten oft zu lauter Musik im Atelier. Ähnlichkeiten finden sich auch in ihren Techniken, denn beide arbeiten mit aquarellierten Schichten. Ihre Motive sind jedoch grundverschieden. „Wir haben eine andere Auffassung von Kunst. Ich suche nach Wahrheit oder stelle sie in Frage und drehe mich in meinen Bildern wie in einer Selbstfindung um mich selbst. Ich glaube, dass es bei Benjamin eher um eine Art von Weltverständnis geht. Ich schaue also nach Innen, er schaut nach Außen“, fasst Dominik zusammen. Für die Kunstszene sind die Freunde ein Glücksgriff. „Die Pfälzer sind oft verschrien, dass sie kaum gute Kunst liefern würden. Aber das ist nicht wahr. Mittlerweile hat sich rumgesprochen, dass Dominik und ich viele Projekte haben“, weiß Benjamin.

Wer sich für Kunst von Schmitt und Burkard interessiert, kann ihre Werke vom 14. Dezember 2013 bis zum 26. Januar 2014 in der Landauer Ausstellung „Frisch(e) Kunst“ im Kunstverein bewundern. Die Winterausstellung mit Bildern von elf jungen Künstlerinnen und Künstlern aus der Region richtet sich vor allem an Jugendliche und Studierende. Dominik Schmitt freut sich über die Chance: „Es ist schade, dass bislang so wenig junge Leute in die Villa Streccius kommen. Dabei haben wir hier eine Uni mit Kunstinstitut, deren Studenten gern ausstellen und infolgedessen auch junges Publikum anziehen.  Die Ausstellung startet mit einer feierlichen Vernissage am Freitag um 20 Uhr. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.”

Katharina Greb 

Die Ausstellung “Frisch(e) Kunst” hat dienstags und mittwochs von 17 bis 20 Uhr und donnerstags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet, weitere Infos gibt es unter www.kunstverein-landau.de. Wer mehr über die Künstler erfahren möchte, kann sich auf www.dominik-schmitt.com und www.benjamin-burkard.de informieren.