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Ferne Klänge für Klein und Groß

Das interkulturelle Klangerlebnis ließ sich live von zu Hause aus verfolgen. Wer neugierig geworden ist, kann es nachträglich auf dem YouTube-Kanal der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz anschauen. Foto: Annika Namyslo

Das interkulturelle Klangerlebnis ließ sich live von zu Hause aus verfolgen. Wer neugierig geworden ist, kann es nachträglich auf dem YouTube-Kanal der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz anschauen. Foto: Annika Namyslo

Kanun – das klingt wie eine Mischung aus Kanu und Kanon. Mit Wassersport hat das Kanun allerdings wenig zu tun, mit Musik dafür umso mehr. Im Rahmen eines digitalen Konzerts lernten Grundschüler:innen und Landauer Lehramtsstudierende das orientalische Zupfinstrument und seine europäische Verwandte, die Harfe, kennen. 

Foto: Hans Georg Merkel
Der Campus ist nicht nur zum Studieren da. In Campus Aktiv zeigen wir euch, was ihr hier noch erleben könnt.

“Unser tiefster Wunsch ist es, Kinder an Musikkultur heranzuführen und sie Musik auf positive Weise erleben zu lassen”, so Dr. Oliver Weyrauch von der Arbeitsstelle für Musikkultur und Musikpädagogik in Landau. Aus diesem Grund veranstalten er und sein Kollege, der Landauer Universitätsmusikdirektor Dr. Olaf Meyer, über die universitätsnahe Landauer Gesellschaft für Musikkultur und Musikpädagogik regelmäßig “Konzerte für Kinder und mit Kindern”. In diesen geben Universitätschor und -orchester, bestehend aus Landauer Studierenden, klassische Musikstücke für die Kleinsten zum Besten oder musizieren gemeinsam mit den Kindern. “Die Kids sollen angefixt werden, deshalb geht es natürlich um ein ästhetisches Erlebnis”, so Meyer. Um der Ästhetik und dem entsprechenden Wow-Effekt etwas unter die Arme zu greifen, nahmen sie im letzten Jahr ein Kooperationsangebot der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen an. Gemeinsam mit Jochen Keller, Trompeter und Musikvermittler der Staatsphilharmonie, entwickelten sie Ideen für ein gemeinsames Projekt.

Kinder stellen Fragen – Profis antworten

Im November 2020 entstanden so in Kooperation mit dem Bundesverband Musikunterricht zwei digitale Konzerte mit interkulturellem Twist. Unter dem Titel “Harfe und Kanun – Eine Begegnung zweier verwandter Musikinstrumente” führten Frauke Adomeit an der Harfe und Laila Mahmoud am Kanun ihre Zupfinstrumente vor und gaben Einblicke in deren Herkunft und Geschichte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die Konzerte wurden vom Audimax des Campus Landau als Live-Stream für Schulklassen ausgestrahlt. Jochen Keller moderierte das Geschehen und nahm Fragen entgegen, die die jungen Zuschauer:innen per Live-Chat stellen konnten.

Mit der interkulturellen Ausrichtung trafen die Organisatoren dabei ins Schwarze. Die Beteiligung und das Interesse waren groß, die Kinder stellten eifrig Fragen. Eine Schülerin mit türkischem Migrationshintergrund erkannte sogar eines der von Mahmoud gespielten Kanun-Lieder wieder. Mahmoud selbst ist Syrerin und nach Deutschland gezogen, um an der Orientalischen Musikakademie Mannheim ihr Instrument zu studieren. Die Schülerin – und mit ihr alle anderen Zuschauer:innen – erfuhren so etwas über die starken kulturell-musikalischen Verflechtungen zwischen Syrien und der Türkei.

Die Multiplikator:innen von Morgen

Die Konzerte hatten noch eine weitere wichtige Besonderheit, denn auch die Lehramtsstudierenden der Universität Koblenz-Landau waren gefragt. Sie bekamen über den Live-Stream nicht nur einen Einblick in ein besonderes musikalisches Erlebnis. Sie hatten auch Gelegenheit, mit Wissen und Erfahrung aus ihrer pädagogischen Ausbildung das zweite Konzert noch besser auf das junge Publikum zuzuschneiden. Im Live-Kontext erkenne man häufig an ratlosen Gesichtern, wenn erfahrene Musiker:innen zu viel Vorwissen beim Publikum voraussetzen, so Keller. Digital sei das zwar schwieriger gewesen, die Rückmeldungen der Studierenden deshalb aber umso hilfreicher. “Beim zweiten Konzert haben wir auf Anraten der Studierenden zum Beispiel versucht, auf ein ausgeglicheneres Verhältnis zwischen Musikbeispielen und Sprechanteil zu achten”, so Keller weiter.

Der Grund für die Einbindung der aufstrebenden Lehrer:innen ist so einfach wie leicht zu übersehen: Sie sind die Multiplikator:innen von Morgen. Viele Familien können mangels eigener Erfahrungen oder Ressourcen ihren Kindern keinen Zugang zum Musizieren ermöglichen. Oft ist daher der Musikunterricht in der Schule der erste und manchmal einzige Kontakt mit Musikkultur im engeren Sinn. Mithilfe der Kooperation zwischen Universität und Staatsphilharmonie wird es für Lehrer:innen leichter, Kinder mit den Angeboten der Konzerthäuser bekanntzumachen. Hat man diesen Zusammenhang erst einmal verstanden, ergibt sich daraus ein potenziell mächtiges Hebelwerk. Nicht nur für die Kinder selbst, sondern auch für ihre Lehrkräfte soll Musik greifbarer werden.

Das war erst der Anfang

Keller, Meyer und Weyrauch wollen ihr Ziel auch zukünftig weiter gemeinsam verfolgen. Bis die “Konzerte mit Kindern und für Kinder” in den Räumlichkeiten der Universität wieder live und hautnah stattfinden können, sind weitere digitale Kooperationen geplant. “Wie sich unsere Interessen hier getroffen haben, ist ein wirklicher Glücksfall”, so Weyrauch. Denn aus der pädagogischen Expertise der Universität Koblenz-Landau und der musikalischen Exzellenz der Staatsphilharmonie Ludwigshafen ergeben sich wertvolle Synergieeffekte. In Landau erreicht man die werdenen Lehrkräfte. Sie unterstützen die didaktische Ausarbeitung der Projekte und verlieren nebenbei Berührungsängste mit der Welt der professionellen Musik. Im Gegenzug profitiert die Philharmonie von der Weiterentwicklung ihrer pädagogischen Konzepte. Mit Blick auf den demographischen Wandel begeistern Universitätsmusik und Staatsphilharmonie das Publikum der nächsten Generation – und vielleicht auch ein paar ihrer zukünftigen Musiker:innen.

Annika Namyslo

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