Saftig grüner Rasen, riesige Stadien, Trikots mit den Wappen ruhmreicher Clubs – viele junge Fußballerinnen und Fußballer träumen davon, einmal Bundesligaluft zu schnuppern. Für die 23-jährige Sophie Linßen hat sich dieser Traum schon vor Jahren erfüllt. Heute studiert sie Sport und Philosophie auf Gymnasiallehramt am Campus Landau.
In unserer Serie Uni-Menschen stellen wir euch interessante Persönlichkeiten vor, die an der Universität Koblenz-Landau studieren und arbeiten.
“Mein kleiner Bruder hat Fußball gespielt und ich habe auf der Straße mitgekickt, seit ich denken kann”, erzählt Sophie Linßen von den Anfängen ihrer sportlichen Laufbahn in der Nähe von Weinheim in Baden-Württemberg. Schon sehr früh wollte sie Fußballerin werden. Aber nicht alle brannten sofort für ihre Ambitionen. Ihre Eltern hielten sie zunächst für zu empfindlich für den körperbetonten Sport. Sie steckten sie kurzerhand mit ihrem Bruder in ein Fußballcamp – als Abschreckungsversuch. “Sie dachten, ich erlebe da jetzt eine Woche lang, wie Fußball wirklich ist und hinterher hat sich die Sache erledigt”, lacht Sophie. Es kam sehr anders.
Vom Straßenkicken in die U17 Bundesliga
Das Camp schreckte Sophie nicht ab, sondern begeisterte sie noch mehr. Vergleichsweise spät begann sie mit neun Jahren in einem örtlichen Verein zu spielen – mit den Jungen aus dem Jahrgang unter ihr, denn eine eigene Mädchenmannschaft gab es wie so häufig nicht. Nur zwei Jahre später erkannte ein Trainer der Fußballschule Rhein-Neckar bei einem Spiel Sophies Talent und wollte sie fördern. “Meine Mutter und ich waren erst mal sehr skeptisch. Meine Familie ist keine klassische Fußballfamilie und wir wussten nicht, was dieses Angebot bedeutet”, erinnert sie sich.

Linßens Gefühl für den Ball fällt früh auf. Mit nur zwei Jahren Vereinserfahrung wird sie für die Fußballschule Rhein-Neckar gescoutet.
Die Entscheidung, es trotzdem zu versuchen, zahlte sich aus. Mit 13 Jahren spielte Sophie in der Damenjugend des TSG Hoffenheim – das Probetraining war über die Fußballschule vermittelt worden. Bereits in ihrem ersten Jahr bei Hoffenheim erzielte sie mit ihrer Mannschaft beflügelnde Erfolge: Das Team siegte beim Badischen Triple, wurde Meister in der Landesliga, Meister in der Verbandsliga und gewann den badischen Pokal. Im Jahr darauf folgte die deutsche Meisterschaft, mit der U17 gelang schließlich der Aufstieg in die Bundesliga. “Hinter vielen erfolgreichen Spielerinnen steht eine Familie, die selbst fußballbegeistert ist, mit Brüdern oder Vätern, die selbst Profis waren. Bei mir gab es diesen Druck nie. Meine Eltern haben immer gesagt, ich soll spielen, solange ich Spaß daran habe”. Und den hatte sie. Ihre dreieinhalb Jahre im jungen Team von Hoffenheim sind für Sophie ein persönliches Highlight ihrer fußballerischen Karriere.
Drahtseilakt zwischen Leistungssport und Studium
Mit den Vorbereitungen auf das Abitur wurde es für Sophie zunehmend schwerer, die nötige Zeit für den Fußball zu finden. Mit 17 Jahren entschied sie sich, den Fokus vorerst auf ihre Bildungslaufbahn zu legen und wechselte zur Damenmannschaft des Hessenligisten Germania Pfungstadt, später zum VfR Wormatia Worms und schließlich zum FC Speyer 09. “Einer meiner Kindheitswünsche war natürlich, Profifußballerin zu werden. Wenn ich nicht gerade davon geträumt habe, wollte ich aber Lehrerin werden”, erzählt sie. Mit ihrem Biologie- und Philosophiestudium auf Gymnasiallehramt an der Universität Koblenz-Landau nahm Sophie diese Laufbahn in Angriff. Doch die Anziehung der höheren Ligen blieb groß.

Leistungssport und Studium: Beides erfordert höchste Konzentration.
Als frisch gebackene Studentin wollte Sophie es nochmal wissen und wechselte zum gerade aus der Bundesliga abgestiegenen Team des TSV Schott Mainz – mit der Absicht, zusammen mit dem Team aufzusteigen. “Ich habe meinen Stundenplan so gelegt, dass es irgendwie passt. Fürs Training bin ich mehrmals pro Woche nachmittags um halb fünf in Landau losgefahren, um halb eins nachts war ich wieder zu Hause”. Eine Saison lang balancierte Sophie zwischen Leistungssport und Studium; das war kräftezehrend. Die Aussicht auf eine profitable Karriere als Fußballerin noch dazu sehr gering. Denn obwohl männliche Profikollegen mit ihren Gehältern häufig langfristig vorsorgen können, verdienen selbst die Fußballerinnen der deutschen Bundesliga durchschnittlich nur rund 3.500 Euro im Monat – Zukunft nach der Karriere ungewiss. Für Sophie fiel die Entscheidung daher letztlich auf ihr Studium.
Das Wichtigste bleibt der Spaß am Sport
Heute beschreibt Sophie den sportlichen Teil ihrer Person als ehrgeizig und verbissen. Als Studentin nimmt sie sich dagegen entspannter wahr, besonders durch die hinzugewonnene Zeit für Freunde blüht sie nochmal auf. Trotz anfänglichem Zögern ob ihrer turnerischen Fähigkeiten wagte sie vor anderthalb Jahren einen Fachwechsel und studiert heute Sport und Philosophie auf Gymnasiallehramt. “Es macht einfach wahnsinnig viel Spaß”, schwärmt sie von ihrem Sportstudium. “Es ist auch insofern ein Ausgleich, als dass ich jetzt ganz neue Sportarten ausprobiere. Früher gab es für mich nur Fußball, jetzt spiele ich zum Beispiel auch unheimlich gerne Volleyball”. Auch Schwimmen und Tanzen hat sie durch ihr Studium für sich entdeckt.

Zusammen mit ihrem Freund, den sie beim Hochschulsport kennengelernt hat, wohnt Sophie nahe des Landesgartenschaugeländes. Im eigenen kleinen Garten darf der Fußball nicht fehlen.
Fußball spielt Sophie natürlich immer noch, inzwischen als Spielertrainerin bei der SG Kirrweiler/Venningen. Für ihre Erfahrung in den höheren Ligen wird sie vom Team wertgeschätzt, sowohl als Spielerin auf dem Feld als auch als Co-Trainerin an der Außenlinie. “Ich bekomme viel mehr zurück und bin als Spielerin mehr wert”, erzählt Sophie. Sie kann zudem pädagogische Kenntnisse aus ihrem Lehramtsstudium einbringen, denn sie trainiert nicht nur ihr eigenes Team. Auch als Jugendtrainerin engagiert sie sich inzwischen bei der SG Kirrweiler/Venningen. Was sie ihren jungen Schützlingen mitgibt, ist vor allem eines: Profi werden ist ein leuchtender Traum für viele, den trotzdem nur wenige erreichen. Was zählt, ist deshalb der Spaß am Kicken. Denn der bleibt, egal, welchen Karriereweg man wählt.
Annika Namyslo