Kolumne

Ich püriere gerne

Heute schreibt Campus-Reporterin Constanze Schreiner. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

Heute schreibt Campus-Reporterin Constanze Schreiner. Illustration: Designstudio Mathilda Mutant

In der Kolumne schreiben unsere Campus-Reporter, allesamt Studierende in Koblenz und Landau, unplugged aus ihrem Alltag. Heute sinniert Constanze Schreiner über den Trend zu Brei. Porridge, Chiapudding und Kartoffelbrei stehen bei ihr hoch im Kurs. 

Achtung, Vorwarnung, in den nächsten Zeilen geht es um ein Haushaltsgerät. Genauer gesagt um mein liebstes Haushaltsgerät: Einen zugegebenermaßen ziemlich günstigen Ice Cruhsher einer No-Name Marke. Um gleich falschen Bildern im Kopf vorzubeugen: Nein, ich benutze mein favorisiertes Küchengerät nicht primär, um mir Crushed Ice für Gin Tonics und Mojitos zuzubereiten, die ich dann genüsslich auf der Couch liegend schlürfe. Nein, ganz anders: Ich püriere. Aktuell am liebsten Kürbis und Süßkartoffel mit ein wenig Kokosmilch. Zur Freude von Alfons Schubeck gerne mit einer Prise Ingwer. Auch im Sommer lässt mich mein Küchenfreund nicht hängen und rotiert unermüdlich die Schneidemesser, um gefrorenes Obst in eine gesunde Eis-Variante zu verwandeln.

Angefangen hat das öffentliche Pürieren mit Smoothies. Mittlerweile gibt es in größeren deutschen Städten Brei-Restaurants, beispielsweise Cafés, deren Key-Dish Porridge ist. Porridge ist der moderne Begriff für Haferschleim, ein „Gericht“, vor dem meine Mutter als kleines Mädchen schreiend davon gelaufen ist, galt es doch als Nahrung für Magenkranke. Sind wir mal ehrlich, optisch ist die beige Haferbrühe eine ziemliche Katastrophe. Mit bunten „Toppings“ wie Chiasamen, Gojibeeren und anderem Superfood macht es aber durchaus was her und ist #instaworthy.

Soulfood

Woher kommt nur diese Vorliebe für pampigen Brei, der ich mich selbst auch nicht entziehen kann? Brei verlangt nichts von uns. In einer Welt, in der sich viele Menschen darüber beschweren, dass von allen Seiten Ansprüche an sie gestellt werden, tut es gut, mal nichts zu müssen, nicht mal kauen. Brei muss man nur mit dem Löffel in den Mund schieben und schlucken. Das war’s. Außerdem sind viele weichkonsistente Gerichte Speisen, die einen an die Kindheit erinnern. Grießbrei mit Zimt gab es immer bei der Oma, Kartoffelsuppen zuhause, wenn man krank war. Kinder werden mit Brei bei Laune gehalten und das funktioniert auch bei uns Erwachsenen sehr gut. Warme weiche Gerichte spenden Trost gegen Katastrophen in der Außenwelt. Moodmanagement kann so einfach sein.

Allerdings stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob in einer Welt, in der Großbritannien für den Brexit stimmt und in der ein Reality-TV-Star Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist, Brei noch was retten kann. Brei, der neue Kitt der Gesellschaft? Wohl eher nicht. Aber ein Lieblingsgericht muss das auch nicht leisten. Es gibt nur eine Sache, die es leisten soll. Es soll uns zumindest vorübergehend satt und glücklich machen, damit wir danach wieder die Energie und den Mut haben, Dinge anzugehen, die Ärmel hochzukrempeln und für unsere Ziele zu arbeiten. In diesem Sinne: Ran an die Löffel.