Promovierende im Interview
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Genetik auf Englisch

Yvonne Werle hat am Campus Koblenz Anglistik studiert und promoviert nun zu Content and Language Integrated Learning. Sie untersucht dabei, wie bilingualer Unterricht funktionieren kann. Foto: Sarah-Maria Scheid

Yvonne Werle hat am Campus Koblenz Anglistik studiert und promoviert nun zu Content and Language Integrated Learning. Sie untersucht, wie bilingualer Unterricht funktionieren kann. Foto: Sarah-Maria Scheid

Neuer Unterrichtstoff und dann auch noch auf Englisch? Das klingt anspruchsvoll. Doch mit einer guten Konzeption macht es Spaß, Wissenschaft auf Englisch zu erleben. Nach ihrem Anglistikstudium arbeitet Yvonne Werle als Doktorandin an Konzepten zur bilingualen Förderung von Schüler:innen im Genetiklabor außerhalb der Schulstunde.

Person mit Büchern. Foto: Siora PhotographySie forschen, organisieren Tagungen oder schreiben Fachartikel: In dieser Serie sprechen wir mit Promovierenden an unserer Universität.

In Ihrer Thesis geht es darum, wie man bilinguale Konzepte in der Genetik und Mikrobiologie einsetzen kann, um die Fachsprache Englisch in der Biologie zu fördern. Was fasziniert Sie an diesem Thema?

Ich habe bereits meine Masterarbeit in einem Content and Language Integrated Learning (CLIL)-Thema geschrieben und dementsprechend am CLIL-Zertifikatsstudiengang, einer Fortbildung, teilgenommen. Kurz gesagt versuche ich CLIL-Konzepte, die darauf ausgelegt sind, sowohl sprachliche als auch inhaltliche Kompetenzen Lernender zu fördern, im Rahmen von Schülerlaboren in der Genetik und Mikrobiologie zu erproben. Dadurch kann ich meine beiden studierten Fächer Biologie und Anglistik auf Lehramt verknüpfen und habe trotzdem einen didaktischen Fokus. Mit meiner Forschung möchte ich untersuchen, wie man Englisch als Sprache jenseits des Schulfachs Englisch in einen inhaltlichen Kontext setzen kann.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?

Sehr gemischt. Ich arbeite halbtags an meiner Dissertation und bin den Rest der Zeit noch an einem Projekt am Zentrum für Lehrerbildung tätig. Dabei geht es um digitale Kompetenzen in der Lehrkräftebildung und ich verbringe viel Zeit mit Meetings, Vernetzungstreffen und Konzeptentwicklung. In meiner Forschung arbeite ich mit digitalen Medien. Somit überschneiden sich beide Stellen. Eine Kollegin nennt mich  liebevoll “kleiner Oktopus”, weil ich immer mit so vielen Sachen gleichzeitig jongliere. (lacht)

Sie führen Schüler:innen in die CRISPR/Cas-Methode ein. Was genau passiert dabei?

Das ist eine Methode aus der Gentechnik, also der Genom-Veränderung, mit der man ganz gezielt einzelne Gene ansteuern, schneiden und verändern kann. Das Thema ist in der Gentechnologie noch sehr neu und eröffnet neue Möglichkeiten im wissenschaftlichen Bereich. Gleichzeitig wirft es viele Fragen auf moralischer Ebene auf. Wir haben bereits bestehende Schülerexperimente für unser Labor aufbereitet, bei denen Schüler:innen CRISPR/Cas selbst ausprobieren dürfen. Der Kurs findet im Idealfall komplett auf Englisch statt.

Haben Sie schon Ergebnisse, über die Sie berichten können?

Yvonne Werle instruiert Studierende im Labor. Vor der Arbeit mit Schulklassen hat sie ihre Methode an der Universität getestet. Fotos: Privat

Yvonne Werle instruiert Studierende im Labor. Vor der Arbeit mit Schulklassen hat sie ihr Lehr-Lern-Konzept an der Universität getestet. Fotos: Privat

Ja, zumindest vorläufige. Wir haben den ersten Probedurchlauf nicht mit Schüler:innen, sondern mit Studierenden im Rahmen des Genetik-Praktikums mit Dr. Jutta Meier durchgeführt. Ich habe interaktive englischsprachige Laborprotokolle und Lehrvideos entwickelt, mit dem sich die Studierenden auf das Praktikum vorbereiten konnten. Das interaktive Programm sollte die Arbeit im Labor auf Englisch erleichtern. Es hat sich gezeigt, dass sich die Studierenden – entgegen meiner Befürchtungen – sehr gut auf den Kurs und die englische Sprache eingelassen haben. Viele waren begeistert von den interaktiven Protokollen und dem didaktisch durchdachten Einsatz digitaler Medien. Vermutlich werden wir zur Entwicklung eines solchen Protokolls ein Seminar für Studierende auf die Beine stellen. Die Studierenden haben sogar mit ihren Laborpartner:innen Englisch gesprochen.

Was ist Ihr Unterrichtskonzept?

Die Studierenden haben zunächst daheim als Vorbereitung ein von mir animiertes Video anhand eines Arbeitsblattes zum Thema bearbeitet, das die Vorgänge von CRISPR/Cas auf Zellebene veranschaulichte. Den Kurs haben wir mit einem Quiz gestartet, um ins Thema und in die Sprache zu finden und die Versuche mit animierten Folien gemeinsam besprochen. Dann sind die Studierenden mit den interaktiven Protokollen in die selbstständige Arbeit im Labor eingestiegen, wir standen als Ansprechpartner für Rückfragen weiterhin bereit. Auf der einen Seite habe ich Anglistik-Studierende im Kurs, auf der anderen Seite Studierende, die Englisch in der Oberstufe abgewählt haben. Es war mir wichtig, alle Studierenden ganz konkret zu unterstützen und mitzunehmen. Das war unter anderem mit den zusätzlichen Vokabelerklärungen und Visualisierungen möglich.

Mit Hilfe solcher Lehrprotokolle sollen Schüler:innen gleichzeitig Biologie und Englisch lernen.

Mit Hilfe solcher Laborprotokolle sollen Schüler:innen gleichzeitig Biologie und Englisch lernen.

Wie vermuten Sie, werden sich die Versuche mit Schüler:innen im Vergleich mit denen zu den Studierenden unterscheiden? – Wo könnte das Modell ihrer Prognose nach eher Anwendung finden, in Universitäten oder an Schulen?

Definitiv in Universitäten. Wir arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen. Deswegen müssen die Versuche dort durchgeführt werden. Die Studierenden, mit denen ich gearbeitet habe, waren bereits aus der Genetik-Vorlesung mit den Inhalten vertraut. Für Schüler:innen muss ich das Ganze inhaltlich kleinschrittiger aufbereiten. Ich möchte sie dort abholen, wo sie im Unterricht stehen. Die Studierenden sollten verstehen, was auf genetischer Ebene in den Zellen passiert. Wenn wir das mit den Schüler:innen durchführen, liegt der Fokus nicht im Detail, sondern eher auf den Labormethoden und Geräten. Es ist spannend für sie, im Labor zu stehen und mit Wissenschaftler:innen in Kontakt zu treten. Von daher ließe sich das Thema gut in Form einer Exkursion zu einem außerschulischen Lernort in den Unterricht einbinden.

Wie werden die Schüler:innen durch einen bilingualen Unterricht gefördert?

Englisch ist die Sprache der Wissenschaft und fungiert als internationale Sprache. CRISPR/Cas ist ein Thema das stark polarisiert. Diese Methode ist ein Element der Gentechnik. Dabei denkt man oft an Genmanipulation oder böswillige Veränderungen an der DNA. Bei solch wissenschaftlich komplexen Themen ist es wie bei Corona: Fehlinformationen werden verbreitet, Studien werden fehlzitiert oder es fehlt das tiefergehende Verständnis dieser. Indem man das biologische Verständnis und die Wissenschaftssprache Englisch fördert, gibt man den Schüler:innen und Studierenden die Kompetenz, Fachartikel besser zu verstehen und Faktenchecks zu betreiben. Es ist von essenzieller Bedeutung, zukünftige Lehrkräfte entsprechend zu schulen. Mir ist es deswegen wichtig, Seminare an der Universität zur Methodik-Vermittlung anzubieten.

Wieso haben Sie sich für eine Promotion entschieden?

Ich habe meine Bachelorarbeit schon im Labor geschrieben. Damals hat mir die Arbeit dort viel Spaß gemacht. Nun habe ich mit meiner halben Stelle im ZFL und der Promotion ein Mittelding zwischen Laborarbeit, Didaktik und Projektarbeit in der Lehrkräftebildung, was genau zu mir passt.

Warum gerade in Koblenz?

Ich habe hier studiert und mich in einigen Gremien wie dem Fachbereichsrat engagiert. Währenddessen konnte ich mir bereits ein Netzwerk aufbauen und Kontakte knüpfen. Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Arbeit an der Universität in den wissenschaftlichen Bereichen sehr viel Spaß macht. Als dann die Frage aufkam, ob ich Interesse an einer Promotionsstelle hätte, war die Entscheidung schnell getroffen.

Was sind Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft?

Hundertprozentig weiß ich das noch nicht. Ich könnte mir vorstellen, in der Forschung zu bleiben, aber auch irgendwann noch das Referendariat nachzuholen oder im wissenschaftlich-verwaltungstechnischen Bereich weiterzumachen.

Interview: Sarah-Maria Scheid

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