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Es kommt immer anders, als man denkt: Interview mit Stefan Wehner

Professor Dr. Stefan Wehner ist neuer Vizepräsident der Universität Koblenz-Landau. In dieser Funktion begleitet er die Uni bei der Neustrukturierung. Foto: Jan Reutelsterz

Professor Dr. Stefan Wehner ist neuer Vizepräsident der Universität Koblenz-Landau. In dieser Funktion begleitet er die Uni bei der Neustrukturierung. Foto: Jan Reutelsterz

Professor Dr. Stefan Wehner ist der neue Vizepräsident am Campus Koblenz. Der Physiker, der zuvor viele Jahre Dekan des Fachbereichs Mathematik/Naturwissenschaften war, steht vor einer herausfordernden Aufgabe: Die Universität auf dem Weg der Neustrukturierung zu begleiten, an deren Ende eine eigenständige Universität Koblenz entstehen und der Campus Landau mit der TU Kaiserslautern fusionieren soll. Ein Interview über die Bucket List des Neugewählten.

Was war Ihre erste Amtshandlung als neuer Vizepräsident am Campus Koblenz?

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten (lacht). Am 20. Februar, dem Tag nach der Wahl, war ich im Büro, um erst einmal zu besprechen, was es alles zu tun gibt. Am Tag darauf war die erste Sitzung, das war wahrscheinlich die erste formale Handlung.

Sie sind jetzt gut 50 Tage im Amt. Wie ist Ihre bisherige Bilanz?

Durch die Strukturentscheidung des rheinland-pfälzischen Ministerrates, die unmittelbar vor meiner Wahl gefallen ist, haben sich meine Aufgaben deutlich verschoben. Neben der Forschung nun auch hin zur Strukturierung, was bedeutet, Landau gut mit Kaiserslautern zusammenzubringen und Koblenz in die Selbstständigkeit zu führen. Wir gehen nun Schritt für Schritt vor. Bis jetzt findet noch viel gegenseitiger Austausch statt und wir besprechen Schritte, die es zu erfüllen gilt. Zu meiner Amtseinführung am 17. April waren auch viele Landräte eingeladen, damit haben wir die regionale Vernetzung noch mehr in den Vordergrund gestellt.

Die Universität Koblenz-Landau steht am Beginn eines umfassenden Neustrukturierungsprozesses. Was ist Ihre Motivation, den Campus Koblenz auf den Weg zur Universität Koblenz zu begleiten?

Die politische Vorgabe dazu ist ja von außen gekommen und nun gilt es, diesen Prozess zu gestalten. Es müssen vor Ort viele Dinge angegangen werden, darin liegt meine Motivation. Es ist im Moment sicherlich keine leichte Aufgabe, aber ich fühle mich verpflichtet, sie zu übernehmen.

Wie bewerten Sie die Verselbstständigung des Campus – Chance oder Risiko?

Es gibt sicherlich für beide Standorte sowohl Chancen als auch Risiken. Für Koblenz sehe ich die Möglichkeit, sich in der Region besser zu verankern und als kleine Uni ihren Platz in der Hochschullandschaft zu finden. Das ist zugleich jedoch auch ein Risiko, denn Koblenz wird eine so kleine Uni, dass es uns im Moment noch schwerfällt, diese Aufgabe perspektivisch einzuordnen. Das ist schon eine Herausforderung, vor allem, wenn man national anerkannt und international sichtbar bleiben möchte. Für Landau ist es die Chance, mit einer großen Uni wie der TU Kaiserslautern zusammenzugehen und deren Vorteile zu übernehmen. Wenn jedoch ein kleinerer mit einem größeren Partner zusammenkommt, ist es oft fraglich, ob man am Ende beide Partner noch individuell erkennt. Darin sehe ich ein Risiko.

Wie lautet Ihre Version für die Universität Koblenz, die am 1. Oktober 2022 den ersten Studierenden einschreiben soll?

Die Universität Koblenz wird zum einen regional verankert aber auch national anerkannt sein. Außerdem ist sie in meinen Augen durch Forschung und Transfer bereits jetzt international sichtbar. Dazu muss ich aber sagen, dass formal meine Aufgabe mit dem Tag endet, an dem dies Realität wird.

Sie haben eben schon die regionale Bindung angesprochen. Wie kann der Begriff der Regionalisierung mit Leben gefüllt werden?

Die Universität Koblenz-Landau ist schon jetzt regional verankert und vernetzt, jedoch in zwei verschiedenen Städten und Regionen. Der Campus Landau ist mit seinen 20 Standorten stark in die Stadt integriert, hat in der Umgebung sehr viele Forschungseinrichtungen. In Koblenz haben wir bereits heute in Kooperation mit der Hochschule funktionierende Studiengänge, eine gemeinsame Forschungsplattform und ein Forschungskolleg des Landes. Das gilt es jetzt weiter auszubauen, die Grundzüge dafür sind vorhanden. Zusätzlich sind wir gerade im kulturellen Bereich in der Stadt sehr engagiert und bieten damit eine Transferleistung in die Gesellschaft, wie es mein Vorgänger, Harald von Korflesch immer so schön gesagt hat.

Von der Wissenschaft ins Hochschulmanagement: Wie vollzieht man so einen Rollenwechsel?

Ich war schon fünf Jahre Dekan, den halben Weg habe ich praktisch schon hinter mir. Diese Aufgaben hatten klar einen wissenschaftlicheren Fokus als das Vizepräsidentenamt. Jetzt muss ich mich um alle Probleme kümmern, auch um welche, die fernab der Wissenschaft sind. Die Themen sind nun auch vorausschauender. Die Hauptfrage ist: Wo soll es eigentlich hingehen?

Waren Sie schon als Student hochschulpolitisch engagiert?

Nein. Meine erste Tätigkeit dieser Art war an der Uni Bayreuth, da war ich während der Doktorarbeit Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fachbereichsrat. Als Student habe ich hauptsächlich erst einmal studiert und mich um meine Forschung gekümmert. Es war nicht meine Planung, irgendwann einmal ins Hochschulmanagement zu gehen. Das hat sich über die Zeit so entwickelt, es gibt immer neue Chancen.

Wie waren Sie privat als Student?

Ich war zu meiner Studienzeit sehr stark ehrenamtlich bei den Pfadfindern engagiert. Vielleicht war auch das der Grund, warum ich keine Zeit hatte, mich hochschulpolitisch zu engagieren. Ich konnte mich außerhalb der Universität ausprobieren.

Hat Ihnen das Ehrenamt während des Studiums Vorteile verschafft?

Man hat natürlich gelernt, selbstständig zu arbeiten, das war sicherlich ein Vorteil für das Studium. Für die Wahl des Studienfaches war es dagegen überhaupt nicht ausschlaggebend – Pfadfinder und Physik, das liegt ganz weit auseinander (lacht). Auch im Nachhinein hat mir die gewonnene Erfahrung im Ehrenamt geholfen, etwa, als ich Verwaltungs- und Gremienaufgaben übernommen habe. Da konnte ich mehr aus meiner Zeit bei den Pfadfindern einbringen als aus meinem Studium.

Womit verbringen Sie Ihre Zeit, wenn Sie nicht im Dienst sind?

Hauptsächlich mit meiner Frau zu Hause. Wir haben einen kleinen Garten, die Zeit für Hobbys habe ich schon aufgegeben, als ich hier als Dekan angetreten bin.

Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?

Lesen abseits von wissenschaftlichen Texten und Forschungsartikeln habe ich auch schon sehr früh eingestellt. Wenn Buch, dann eigentlich Hörbuch. Da ist es zurzeit Die Geschichte des Wassers von Maja Lunde.

Was steht auf Ihrer persönlichen Bucket List für 2019?

Nach so wenigen Wochen im Amt ist das natürlich eine schwierige Frage. Davor hätte ich Ihnen ohne Probleme eine Bucket List mit meinen Vorhaben für 2019 als Dekan geben können. Mein Augenmerk liegt jetzt zusammen mit der gesamten Hochschulleitung darauf, den Neustrukturierungsprozess zum Wohle beider Standorte angemessen zu gestalten. Am Campus Koblenz steht am ehesten darauf, was man bis 2022 erreichen will. Die Universität Koblenz-Landau wird es noch drei Jahre geben und als Vizepräsident ist es meine Aufgabe, die anfallenden Aufgaben zu erfüllen. Es stehen zum Beispiel die Forschungsinitiative oder die DFG-Mitgliedschaft an. Das sind alles Sachen, die mir wichtig sind. Private Planungen gibt es aufgrund meiner beruflichen Situation zurzeit eher nicht. Ich freue mich aber auf meinen jährlichen Urlaub an der Nordsee.

Das Interview führte Daniel Wagner