Nach der Schule stehen viele Menschen vor der Frage: Ausbildung oder Studium? Manchmal entscheidet man sich für etwas und merkt anschließend, dass der andere Weg vielleicht doch der bessere gewesen wäre. Tara Mona Malik absolvierte nach ihrem Realschulabschluss eine Lehre zur Bäckerin. Obwohl ihr die Ausbildung Spaß machte, hatte sie das große Ziel, zu studieren. Parallel zu ihrer Meisterprüfung holte die 24-Jährige ihr Abitur nach und studiert heute Pädagogik am Campus Koblenz.
Sie haben den besten Meisterbrief Ihres Jahrgangs geschafft. Und jetzt noch ein Studium obendrauf. Hut ab! Woher nimmt man soviel Motivation?

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Ich wollte mir beweisen, dass ich meine Ziele erreichen kann. Und ich möchte später meinen Kindern ein Vorbild sein. Also führte ich mir immer wieder vor Augen, dass ich mehr erreichen möchte. Außerdem ist mein Ziel, die aktuelle Bildungssituation zu verbessern. Viel zu wenige der Berufschullehrer sind gelernte Bäckermeister. Zu meiner Lehrlingszeit wurde unsere Klasse öfter von zu wenig Personal aus der Bäckerpraxis unterrichtet. Dadurch litt nicht nur der Fachunterricht, sondern auch die Lust am Handwerk. Außerdem möchte ich etwas dazu beitragen, um den Fachkräftemangel zu verringern. Immerhin bildet das Handwerk die Grundlage unserer Gesellschaft. Ich sehe es als meine Aufgabe an, die Freude am Bäckerdasein weiterzugeben und die Attraktivität dieses Berufes aufzuzeigen. Viele Menschen unterschätzen, wie gut es sich anfühlt, etwas mit den eigenen Händen zu erschaffen.
Wie möchten Sie dieses Ziel erreichen?
Über den Quereinstieg möchte ich Berufsschullehrerin werden. Ich habe geplant, Abiturienten mein Wissen in den Fächern Pädagogik und Psychologie zu vermitteln. An vielen Gymnasien werden diese Leistungskurse angeboten, ich kann mir sehr gut vorstellen, die beiden Fächer irgendwann zu unterrichten.
Wie ging es weiter, als Sie die Lehre beendet hatten?
Um mir jeden möglichen Karriereweg offen zu halten, entschloss ich mich dazu, mein Abitur nachzuholen. Ich bewarb mich an verschiedenen Gymnasien, erhielt jedoch nur Absagen. Man sagte mir, dass ich schon zu lang aus dem Schulalltag heraus wäre. Außerdem sei ich zu alt, um sozialen Anschluss in den Klassen zu finden. Schließlich wurde mir ein Platz auf einem beruflichen Gymnasium angeboten. Ich habe mich sehr gefreut. Das hieß aber auch: Zeitgleich die Abitur- und die Bäckermeisterprüfungen absolvieren.
Wie sah Ihr Alltag während der Schulzeit aus?
Definitiv nicht so wie der meiner Mitschüler. Die erste Hälfte des Tages besuchte ich ganz normal die Schule und schrieb Klausuren. Am Nachmittag musste ich meine Großeltern, das Haus und den Garten pflegen. Waren diese Arbeiten erledigt, bereitete ich mich auf die Meisterkurse vor. Auch am Wochenende trat keine Erholung ein. Ich jobbte in einer Bäckerei, schließlich musste der Meister-Lehrgang bezahlt werden.
Hatten Sie jemals Zweifel, dass Sie diese dreifache Belastung nicht bewältigen können?
Ja, das hatte ich. Am dritten Prüfungstag meines Meisterbriefs stand ich unter immensem Druck. Die Pflege meiner Großeltern und die näher rückenden Abiturklausuren raubten mir die Vorbereitungszeit für die Meisterprüfung. Meine Mutter half mir, wo sie konnte, doch auch sie musste ganztägig arbeiten. Ich hatte kaum Zeit für mich und Angst, bei meinen Planungen für die Prüfungen einen Fehler gemacht zu haben.
Wie haben Sie es geschafft, durchzuhalten?
Am wichtigsten ist es immer, im Blick zu haben, was man erreichen möchte. Wenn man sich nicht auf seine Ziele konzentriert, schwindet auch die Motivation. Man sieht keinen Sinn mehr darin, weiter an sich zu arbeiten. Auch sollte man über gutes Zeitmanagement verfügen und vorausschauend planen können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Disziplin. Es ist wirklich nicht leicht, sein ganzes Geld zu sparen und seine Zeit mit Lernen und den Hausarbeiten zu verbringen. Wer die Zähne zusammenbeißt und seine Ziele nicht aus den Augen verliert, wird am Ende viel erreichen können – auch wenn es harte Arbeit ist. Was wir aber wirklich geholfen hat, ist der Rückhalt meiner Familie. Ohne den Beistand meiner Mutter hätte ich das nicht geschafft.
Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?
Ich bin stolz auf meine Leistung, doch die nächste Hürde ist schon in Sicht: Der Abschluss meines Studiums. Für mich ging es direkt nach der Abiprüfung mit dem Bachelor-Studiengang Pädagogik weiter. Heute befinde ich mich im dritten Semester. Nach dem Studium und insgesamt neun Jahren Ausbildungszeit freue ich mich darauf, mein Wissen endlich weitergeben zu können.
Interview: Emily Nolden