Ehrenamt: Studis engagiert
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Doppelt engagiert für Umwelt und Mitmenschen

Der BioGeoWissenschafts-Student Merlin Brager ist bei der Grünen Jugend in Boppard aktiv. Hier betreut er das Flüchtlingscafé Michael. Foto: Sarah Scheid

Der BioGeoWissenschafts-Student Merlin Brager ist bei der Grünen Jugend in Boppard aktiv. Hier betreut er das Flüchtlingscafé Michael. Foto: Sarah Scheid

Der BioGeoWissenschaftsstudent Merlin Brager engagiert sich ehrenamtlich in Boppard bei der Grünen Jugend und betreut dort das Flüchtlingscafé Michael. Schon früh hat ihn die Arbeit für die Umwelt begeistert. Außerdem hilft er leidenschaftlich gerne anderen Menschen. Er genießt es, mit den Geflüchteten zu interagieren, sie zu unterstützen und zu sehen, wie sie, auch durch seine Hilfe, langsam in Deutschland ankommen. Er ist bei beiden Organisationen schon seit deren Gründung aktiv.

Wie kam es zu Ihrem Engagement bei der Grünen Jugend?

Ich stamme aus einem politischen Haushalt. Mein Vater ist seit langem bei den Grünen aktiv und ich kann mich an kaum einen Abend ohne politische Diskussion erinnern. Eine Demokratie lebt außerdem davon, dass die Leute an dem politischen Geschehen teilnehmen. Nur wer sich engagiert und einbringt, hat die Möglichkeit, etwas aktiv zu verändern.

Wann hat sich die Grüne Jugend Boppard gegründet?

Ehrenamt. Foto: Perry Grone/Unsplash In unserer Serie Ehrenamt: Studis engagiert zeigen Studierende, wie man die Balance hält zwischen Stundenplan und Initiative.

Die Grüne Jugend existiert seit 2015. Mit 15 Gründungsmitgliedern fing alles an. Da war ich von Anfang an als Pressesprecher im Vorstand engagiert. Jetzt bin ich Sprecher der Grünen Jugend Mittelrhein. Aktuell sind dort von 22 Mitgliedern zwölf Leute aktiv. Als Kreisverband gehören wir der Grünen Jugend Rheinland-Pfalz an.

Hat die Arbeit bei der Grünen Jugend Ihre Studienwahl beeinflusst?

Nein, meine Begeisterung für unsere Umwelt entstand eher aus meinem Interesse für den Biologieunterricht in der Schule. So hat mich der Umweltgedanke zur politischen Einstellung gebracht.

Gibt es regelmäßige Treffen und welche Aktionen plant die Grüne Jugend dabei?

Wir treffen uns alle zwei Wochen freitags um 18.00 Uhr in Koblenz in der Geschäftsstelle der Grünen. Zu unseren Aktionen gehören politisch bildende Workshops und Seminare. Vor ein paar Wochen erst haben wir einen Imker eingeladen. Dieser hat uns ausführlich über das Insektensterben informiert. Es ist erschreckend, wie akut die Artenvielfalt in Deutschland bedroht ist. Besonders die Biene ist gefährdet. Wenn sie ausstirbt, dann ist unsere Lebensmittelproduktion kaum noch möglich. Deswegen sind Aufklärung, aber auch Aktionen so wichtig. So haben wir zum Beispiel gemeinsam mit dem Imker Insektenhotels gebaut. Wir bieten viele Aktivitäten intern für Mitglieder an. Die zweiwöchigen Treffen sind aber für alle offen. Jeder, der Interesse hat, ist eingeladen. Es gibt natürlich auch Aktionen für alle. So fahren wir zum Beispiel gemeinsam zu Demonstrationen oder beteiligen uns an Wahlkampfaktionen. Wir veröffentlichen die Infos zu den Treffen vor allem über Instagram und Mail.

In Boppard gibt es auch ein Flüchtlingscafé. Inwieweit ist es mit der Grünen Jugend verknüpft?

Das Flüchtlingscafé wurde vom Bistum Trier 2016 ins Leben gerufen. Als freiwillige Helfer haben sich die Grüne Jugend und die Jusos gemeldet. Zusammen mit zwei Sozialarbeitern organisieren wir das Café nun.

Wann hat das Café geöffnet und wird es gut besucht?

Alle zwei Wochen treffen wir uns freitags von 16-19 Uhr in der JugendBegegnungsStätte (JBS) St. Michael in der Rheinallee 22 in Boppard. Wir rechnen immer mit ca. fünf bis acht Cafébesuchern und sind damit zufrieden. Früher waren es deutlich mehr, teilweise sogar bis zu 25 Geflüchtete. Trotz Werbung kommen nicht mehr so viele. Aber es hat auch sein Gutes. Ich gehe nämlich davon aus, dass sich mittlerweile viele integriert haben. Generell gibt es momentan aber auch einfach weniger Flüchtlinge. Viele sind aus dem Flüchtlingsheim in eigene Wohnungen gezogen und brauchen unsere Unterstützung einfach nicht mehr, denn sie sind schon gut in Deutschland angekommen.

Der Innenraum des Flüchtlingscafés Foto: Sarah Scheid

Der Innenraum des Flüchtlingscafés Foto: Sarah Scheid

Gibt es noch andere Cafés dieser Art?

Ja, in ganz Deutschland verteilt. Hier in Koblenz gibt es z.B. das Café Füreinander in Neuendorf.

Was war Ihre letzte Aktion?

Im April haben wir den dritten Geburtstag des Flüchtlingscafés gefeiert. An diesem Tag kamen Familien, Freunde und Verwandte zusammen. Jeder brachte etwas zu essen mit, es wurde viel gespielt und man kam ins Gespräch.

Was sind Ihre Aufgaben?

Eigentlich bin ich der Erste, der kommt, und abends der Letzte, der geht. Also kümmere ich mich ein bisschen um alles. Ich biete den Gästen Kekse, Kaffee und Kuchen an, den sie oft selbst mitbringen. Außerdem spielen wir viel miteinander. Ob beim Dart, beim Kickern, beim Kartenspielen oder bei einer Runde Schach: Das Miteinander ist stets freundlich und es macht allen viel Spaß. Für die Gamer unter uns gibt es auch eine Playstation. Was mir aber besonders am Herzen liegt, ist Billard.

Wie alt sind die Besucher und aus welchen Berufsgruppen kommen diese?

Das ist vollkommen unterschiedlich. Wir betreuen Kinder und Jugendliche, aber auch fest im Beruf stehende Menschen. Sie kommen aus allen sozialen Schichten. Ich habe mich mal mit einem Juristen unterhalten und bin mit einem Parfümeur gut befreundet. Natürlich gibt es aber auch Menschen ohne Ausbildung oder Berufsabschluss.

Aus welchen Ländern stammen die Gäste?

Viele der Gäste kommen aus Syrien, aber auch aus Afghanistan und dem Libanon. Wir haben viele Stammgäste. Obwohl wir immer wieder in Zeitung und Social Media auf das Café Michael aufmerksam machen, fehlen leider deutsche Besucher. Das erschwert das eigentliche Ziel eines gemeinsamen Austausches.

Sie sprachen eben ein Ziel an. Welcher Kerngedanke steht hinter dem Café?

Der eigentliche Sinn besteht darin, einen Kontakt zwischen Einheimischen und Geflüchteten herzustellen, Barrieren zu überwinden und gemeinsam Spaß zu haben. Geflüchtete können auch mit Problemen zu uns kommen. Wir helfen ihnen beim Verstehen wichtiger Briefe und Dokumente. Selbstverständlich stehen wir ihnen mit Rat und Tat zur Seite, wenn sie mal etwas benötigen. Das Wichtigste ist aber das Kennenlernen und das Knüpfen von Kontakten. Dadurch entstehen Freundschaften, die über das Café hinausreichen. Im Sommer grille ich gelegentlich privat mit ein paar Leuten aus dem Café.

Wie kann man sich engagieren?

Es ist ganz einfach: vorbeikommen, sich mit den Leuten unterhalten, mitspielen, mitlachen, Spaß haben, Kulturen kennenlernen und sich anfreunden. Das, was Integration wirklich bedeutet. Meine Schwester hat dort ihren Freund aus Syrien kennengelernt.

Ist die Sprachbarriere groß und treten wegen der unterschiedlichen Kulturen Probleme auf?

Die Sprachbarriere ist teilweise groß. Aber das ist auch sehr unterschiedlich. Es wird nur Deutsch gesprochen. Die meisten verstehen viel, können aber selbst noch nicht so viel sprechen. Das Café Michael ist quasi die praktische Übung für den Deutschkurs. Kulturelle Probleme gibt es kaum. Die Geflüchteten sind sehr dankbar, freundlich und hilfsbereit.

Was hat Sie in der Zeit, in der Sie dort arbeiten, am meisten berührt?

Der Sohn einer syrischen Familie spielte damals in seiner Heimat sehr viel Fußball. An einem Tag war er mit seinen Freunden auf dem Fußballplatz, als die Stadt Aleppo unter Beschuss geriet. Als sie nach Hause laufen wollten, schlug eine Fliegerbombe direkt neben dem Jungen ein und tötete seinen Freund. In unserer Gesellschaft kann sich heute kaum jemand vorstellen, wie schlimm es sein muss, zu sehen, wie ein guter Freund vor den eigenen Augen ums Leben kommt. Das Leben in Frieden ist deshalb für viele nicht selbstverständlich.

Wie helfen Sie den Menschen?

Wir helfen ihnen vorwiegend emotional. Einmal vermisste ein Flüchtling aus Syrien seine Familie ganz schrecklich. Er wollte gerne zurück in sein Heimatland. Nach einem langen Gespräch ging es ihm schon viel besser. In diesen Situationen hilft es, einfach miteinander zu reden und zuzuhören.

Das Interview führte Sarah-Maria Scheid

 

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