Was studieren?
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Deutsch-Französischer Studiengang: Großstadt trifft auf Pfälzer Idylle

Lea-Sophie Mantik und Mélisande Giammona begeistern sich für die Sprache, die Literatur und die Kultur Deutschlands und Frankreichs. Fotos: privat

Lea-Sophie Mantik und Mélisande Giammona begeistern sich für die Sprache, die Literatur und die Kultur Deutschlands und Frankreichs. Fotos: privat

Mélisande Giammona kommt aus Frankreich, Lea-Sophie Mantik aus Deutschland. Gemeinsam studieren sie den 2019 ins Leben gerufenen Deutsch-Französischen Studiengang in Landau und Paris. Wie das Austauschprogramm aufgebaut ist, warum Sprache lernen mit Mund-Nasen-Schutz schwierig ist und für welches Land die Herzen der beiden Studentinnen schlagen, erzählen sie im Interview.

Woher kommt die Begeisterung für die Fächer Germanistik und Romanistik? 

In unserer Serie Was studieren? stellen Studierende der Universität Koblenz-Landau ihren Studiengang vor.

Mélisande Giammona: Bei mir hat sich das früh bemerkbar gemacht. Mit neun Jahren war ich das erste Mal in Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich schon, dass mich das Land und die Sprache begeistern. Später habe ich an einem Austausch teilgenommen. Obwohl ich mit dem Land mittlerweile vertrauter bin, staune ich immer wieder, wie viel man doch dazulernen kann. 

Lea-Sophie Mantik: An die französische Sprache wurde ich nicht ganz freiwillig herangeführt. Meine Mutter hat mich schon früh in diese Richtung gelenkt. Deshalb habe ich in der fünften Klasse begonnen, Französisch zu lernen. Nach meinem ersten dreimonatigen Aufenthalt in Frankreich habe ich aber selbst gemerkt, wie mitreißend Land und Sprache sind.

Das hat sich also in der Schulzeit bemerkbar gemacht? 

Mélisande: Gerne würde ich das bejahen. (lacht) Die Realität sieht jedoch anders aus. In der Schule konnte ich mich nur wenig für Literatur begeistern. Ein Studium in dieser Fachrichtung war für mich ausgeschlossen. Meine Begeisterung für die deutsche Sprache, die sich während des Austauschs in Deutschland entwickelte, bewog mich aber schlussendlich dazu, Romanistik und Germanistik zu studieren. Das Schicksal hatte es wohl anders mit mir vorgesehen. Später an der Universität habe ich dann aber Lehrende kennengelernt, die leidenschaftlich an ihrem Fach und ihrem Beruf interessiert waren. Da wurde ich mitgerissen.

Lea-Sophie: Ich hatte in der neunten Klasse die Möglichkeit, für drei Monate nach Frankreich zu gehen. Dort habe ich bei meiner Austauschschülerin gelebt und bin in der Banlieue von Paris zur Schule gegangen. Also hat sich meine Faszination für Frankreich relativ spät entwickelt. Aber seitdem kenne ich keinen Halt mehr. Ich liebe das Land, die kulturelle Vielfalt, die Landschaft und vor allem die Hauptstadt Paris. Deutsch war in der Schule nie mein Lieblingsfach. Ich bin auch froh, dass mein ehemaliger Deutschlehrer nicht weiß, dass ich Deutsch studiere. (lacht)

Zum Pflichtprogramm für Neuankömmlinge in Paris gehört eine Besichtigung der schönsten Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt. Der Louvre darf dabei nicht fehlen.

Warum habt ihr euch für dieses Studienprogramm entschieden?

Mélisande: Das Programm ist einzigartig. Die beiden Universitäten befinden sich in zwei Städten, die sich gut ergänzen. Paris ist groß und bietet viel Kultur, während Landau familiärer und grüner ist. Deutsch und Französisch, Landau und Paris – das ergänzt sich super.

Lea-Sophie: Bei mir spielt die Nähe zum Heimatort eine große Rolle. Davon abgesehen würde ich die Erfahrung in beiden Städten keinesfalls missen wollen. Paris und Landau könnten gegensätzlicher nicht sein, was mich sehr fasziniert. Landau ist eine kleine familiäre Stadt. Dagegen treffen in Paris total viele Menschen aus verschiedenen Kulturen aufeinander. Diese kulturelle Diversität begeistert mich.

Was macht das Studienprogramm so besonders? 

Mélisande: Er ist einzigartig und modern. Ein binationales Doppeldiplom in Lehramt ist revolutionär. Wenn man Lehramt in Deutschland studiert, ist man normalerweise auf ein Bundesland beschränkt, während man mit diesem Programm den Beruf in beiden Ländern ausüben kann. Hervorzuheben ist außerdem der hohe Stellenwert von Kommunikation und Interkulturalität. Die Programmbeauftragten organisieren in den ersten beiden Semestern wöchentlich virtuelle Treffen, bei denen man sich auf Deutsch und Französisch unterhalten, Fragen stellen und Probleme lösen kann. Das ist überhaupt nicht selbstverständlich und wird von uns Studierenden sehr geschätzt.

Aus Freundinnen wurden Zimmergenossinen. Mélisande und Lea-Sophie wohnen während des Austauschsemesters von Lea-Sophie gemeinsam in einer Wohngemeinschaft in Paris.

Lea-Sophie: Neben dem Austausch unter Studierenden sind es vor allem die Ansprechpersonen vor Ort, die die familiäre Atmosphäre des Studienprogramms ausmachen. Sie sind für uns jederzeit erreichbar und kümmern sich um all unsere Sorgen und Probleme. Natürlich ist auch der finanzielle Aspekt nicht zu vernachlässigen. Wir bekommen für die Zeit in Paris ein Vollstipendium und werden bei der Wohnungssuche unterstützt. Dennoch bleibt für mich das Highlight, dass ich insgesamt zwei Jahre lang in Frankreich studieren darf, rechnet man den Auslandsaufenthalt von Bachelor und Master zusammen.

Was macht ihr genau in eurem Studium? Gibt es Veranstaltungen, die euch bislang besonders gut gefallen haben? 

Lea-Sophie: Wir studieren die Fächer Französisch, Deutsch und Bildungswissenschaften. Gerade in den Seminaren zur germanistischen Sprachwissenschaft habe ich am Anfang gestaunt, wie kompliziert die eigene Sprache doch sein kann. (lacht) Besonders gut gefällt mir das Tandemprogramm. Dabei wird uns eine Partnerin oder ein Partner aus dem anderen Land zugeteilt, mit der oder dem wir wöchentlich telefonieren. So konnten wir unsere französischen Kommiliton:innen schon einmal kennenlernen.

Mélisande: An die genannten Fächer schließen sich Workshops und drei Schulpraktika an. Bisher haben mir die Geschichts- und Literaturwissenschaftskurse am meisten Spaß gemacht, weil sie mir Einblicke in die deutsche Kultur boten, die mich fasziniert.

Die schweren Lektüren lesen sich bei schöner Kulisse leichter als im Seminarraum.

Ist das Studienprogramm sehr anspruchsvoll? 

Lea-Sophie: Als ich in Frankreich angekommen bin, konnte ich ein anderes Leistungslevel feststellen, als ich es in Deutschland gewohnt war. Um ehrlich zu sein, finde ich es nicht schwieriger, in Frankreich zu studieren. Allerdings schreibt man mehr Prüfungen als in Deutschland. Da bin ich manchmal aus dem Lernen gar nicht mehr rausgekommen.

Mélisande: Ich denke, dass jedes Studienprogramm auf seine Art und Weise anspruchsvoll ist. Natürlich erfordert dieses viel Zeit, vor allem für die Vor- und Nachbearbeitung der Kurse. Mit ein bisschen Disziplin ist das aber auf jeden Fall machbar. Wenn es einem gefällt, zählt man eh nicht die Stunden. (lacht) Also keine Angst!

Was gefällt euch am anderen Land so gut? 

Mélisande: Das erste Jahr findet im Heimatort statt, das zweite in Paris, das dritte und letzte in Landau. Ich habe schon an einer deutschen Universität studiert und über die deutschen Studierenden Eindrücke des hiesigen Systems bekommen. Das klang bisher alles sehr vielversprechend. An zwei Universitäten aus zwei verschiedenen Ländern studieren zu dürfen, ist unglaublich bereichernd, sowohl für die Sprach- und die Kulturkenntnis als auch für den Inhalt und die Lehrmethoden. 

Lea-Sophie: Frankreich hat mir schon immer gut gefallen. Durch die Maßnahmen während der Pandemie wurde das Leben allerdings stark eingeschränkt. Wenn man in Paris lebt, will man doch sicher nicht nur im Zimmer sitzen! (lacht) Dennoch durfte ich bereits einige schöne Ecken kennenlernen. Allein der Blick aus dem Fenster begeistert mich, die Architektur ist einfach wunderschön. Ich könnte tagelang durch die Straßen wandern und nach oben schauen, um die tollen Häuserfassaden zu betrachten. Bis zum ersehnten Ende der Pandemie genieße ich die kleinen Dinge, wie zum Beispiel ein leckeres Croissant zum Frühstück oder einen Kaffee im Park. 

Ein seltener Anblick: Die menschenleere Sorbonne. Aufgrund der aktuellen Einschränkungen finden die Veranstaltungen weitestgehend online statt.

Konnten Sprachbarrieren bis jetzt gut überwunden werden? Gibt es überhaupt welche?

Mélisande: Sprache befindet sich immer im Wandel. Wenn man mal ein Wort nicht verstehen sollte, steht das einer Konversation keinesfalls im Wege. Außerdem werden wir in der Heimatuniversität gut auf das Mobilitätsjahr vorbereitet. Was den Pfälzer Dialekt angeht, bin ich aber sehr gespannt. Ich kann es kaum erwarten, ein paar pfälzische Worte nach Frankreich mitzunehmen. (lacht)

Lea-Sophie: In meiner ersten Zeit in Frankreich habe ich natürlich nicht jedes Wort verstanden, vor allem nicht mit dem Mund-Nasen-Schutz. Die alltägliche Kommunikation war möglich. Allerdings fiel es mir schwer, die Jugendsprache zu verstehen. Gleiches gilt auch für die Chat-Kommunikation. Die ganzen Abkürzungen sind zwar zeitsparend, zu Beginn aber etwas überfordernd. Glücklicherweise wurden bisher alle Unklarheiten aus dem Weg geräumt. Google hilft auch immer weiter. (lacht)

Wenn ihr euch entscheiden müsstet, für welches Land schlägt euer Herz?

Mélisande: Ich bin mir sicher, dass ich nach dem Studium in Deutschland leben möchte. Das ist doch schon Antwort genug. (lacht) Obwohl ich noch nicht da war, weiß ich, dass ich dem Charme von Landau verfallen werde. 

Lea-Sophie: Auch wenn ich Paris sehr mag, fällt meine Wahl auf Landau. Ich liebe die Stadt aufgrund ihrer familiären Atmosphäre, den netten Menschen, die dort wohnen, und dem naturbewussten Denken. An Grünflächen mangelt es nicht. Man kann in Parks, in den Weinbergen oder im Pfälzer Wald spazieren gehen. Daneben gibt es viele Kneipen und Restaurants, in denen man den Abend entspannt ausklingen lassen kann. Da die Stadt nicht so groß ist wie Paris, ist man zu Fuß oder mit dem Fahrrad gut aufgestellt. Da müsste man in Paris doch mehr strampeln.

Gibt es ein Erlebnis im anderen Land, das besonderen Eindruck hinterlassen hat?

Lea-Sophie: Da kommt mir direkt eine Situation in den Kopf. Leider keine allzu schöne. Als ich im Zug eine Sprachnachricht auf Deutsch aufnahm, setzte sich der Mann gegenüber von mir einfach weg. Das konnte und kann ich einfach immer noch nicht verstehen. Genau solche Vorurteile möchte ich überwinden. Natürlich gibt es Stereotype, über die man lange diskutieren und auch streiten kann. Heutzutage ist es aber sehr wichtig, dass die Vorurteile kritisch betrachtet werden. Auch um rassistischen Tendenzen entgegenzuwirken, möchte ich Lehrerin werden – auf eine friedliche Zukunft mit viel Toleranz und gegenseitiger Akzeptanz. Multikultureller Austausch ist immer ein Gewinn.

Wie bereitet euch das Studium auf das Berufsleben vor? 

Mélisande: Es bereitet uns bestens auf den Lehrberuf vor. Uns wird ein breites und vielseitiges Spektrum an Kursen geboten. Wir erlangen eine hervorragende Allgemeinbildung mit interessanten Schwerpunkten. Außerdem absolvieren wir viele Schulpraktika, die uns einen Einblick in den Berufsalltag geben. Die Verbindung aus Theorie und Praxis ist unbezahlbar. 

Das Nebengebäude der Sorbonne mit dazugehörigem Café lädt zu gemütlichen Kaffeepausen zwischen den Veranstaltungen ein.

Lea-Sophie: Stimmt, außerdem dürfen wir in beiden Ländern leben und lernen. Wir können Erfahrungen vor Ort sammeln, die wir später an Schüler:innen weitergeben können.

Habt ihr einen Tipp für diejenigen, die sich auf ein Fremdsprachen-Studium vorbereiten? Sollte man sich in Sprachkursen abrackern oder reicht es aus, die Lieblingsserie in der Fremdsprache anzuschauen? 

Lea-Sophie: (lacht) Ich würde sagen, dass Netflix auf jeden Fall ein guter Anfang ist. Wenn man täglich in Kontakt mit der Fremdsprache über TV, Radio oder auch YouTube kommt, lernt man schon passiv einige Strukturen. Die Sprachpraxis sollte man dabei nicht vernachlässigen. Deswegen empfehle ich, offen auf Menschen zuzugehen und sich viel in der Fremdsprache unterhalten. 

Mélisande: Es ist immer am besten, vollkommen in die Sprache einzutauchen, das heißt im fremden Land zu leben. Der Kontakt mit Menschen ist da nicht irrelevant, im Gegenteil. Ich kann nur empfehlen, Zeit im Ausland zu verbringen. Ob im Rahmen eines Praktikums, eines Ferienjobs oder eines Austauschs spielt keine Rolle. Man sollte jede Chance nutzen. Ansonsten kann man natürlich immer zu Hause fremdsprachige Musik hören, Filme anschauen oder Bücher lesen. Außerdem haben die Studierenden der deutsch-französischen Universität die Möglichkeit, kostenlos an Sprachkurse mit mehreren Schwerpunkten teilzunehmen. Damit kann man Fachvokabular erlernen und bekommt sogar ECTS-Punkte dafür.

Wozu ratet ihr Schüler:innen, die noch auf der Suche nach dem passenden Studienfach sind? 

Mélisande: Nach der Schule ist es ganz normal, noch nicht genau zu wissen, was man studieren möchte. Oder ob man das überhaupt will. (lacht) Das ist schließlich eine Entscheidung fürs Leben. Umso wichtiger sind Praxiserfahrungen. Ich empfehle allen, die unsicher sind, Praktika zu machen, um herauszufinden, was einem wirklich am Herzen liegt. 

Lea-Sophie: Genau, einfach ausprobieren. Ich selbst habe mich schon in vielem versucht und musste auch oft bei null beginnen. Die Mühe hat sich aber gelohnt. Ich habe endlich das Richtige gefunden. Und manchmal kommt das Richtige unverhoffter als gedacht. (lacht) Man kann nie wissen, wo der Lebensweg hinführt. Ganz wichtig dabei ist, dass man auf sein Herz hört. Man kann schon mal vom Weg abkommen oder falsch abbiegen, sollte sich aber stets treu bleiben.

Interview: Elena Panzeter

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