Aus dem Labor

Der feine Unterschied: Die Wirkung von Sexualität in Filmen

Caroline Marker ist Psychologin und Doktorandin am Institut für Medienpädagogik und Kommunikationspsychologie. Foto: Constanze Schreiner

Caroline Marker ist Psychologin und Doktorandin am Institut für Medienpädagogik und Kommunikationspsychologie. Foto: Constanze Schreiner

Die Darstellung von Sexualität in Kinofilmen und Serien ist heute kein Tabu mehr. Medienpsychologin Caroline Marker interessiert sich für die Folgen von intimen Szenen in den Medien. Mit ihrer Arbeit will sie auf die gesellschaftliche Relevanz des Themas hinweisen und einen Beitrag dazu leisten, Forschung über Sexualität aus der Schmuddelecke zu holen.

Der 14. Februar 2015 war der erfolgreichste Valentinstag der Kinogeschichte. Fifty Shades of Grey, ein Film, der unter Softporno-Verdacht stand, spielte den Kinokassen rund um den Globus Millionen ein. War die Darstellung von expliziten Sexszenen in Unterhaltungsfilmen bis vor einigen Jahren noch ein Tabu, gibt es mittlerweile einige Beispiele, die mit dieser Konvention brechen. Caroline Marker ist Psychologin und Doktorandin am Institut für Medienpädagogik und Kommunikationspsychologie und erforscht, was diese Filme von pornografischem Material unterscheidet und welche Wirkung es auf Rezipienten hat, wenn sie Sexszenen in scheinbar ‘normalen’ Filmen präsentiert bekommen.

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Was gibt es Neues in der Wissenschaft? Wir stellen Personen und Projekte vor, die im Dienst der Universität Koblenz-Landau die Forschung voranbringen.

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„Anders als bei Pornografie dienen diese Szenen nicht der Erregung, sondern sind in eine Geschichte eingebettet“, erklärt Marker. Beim Rezipieren von Spielfilmen übernehmen die Zuschauer im Handlungsverlauf die Perspektiven der Figuren, identifizieren sich mit ihnen und fühlen emphatisch mit. Kommt es im Laufe eines Films zu einer Liebesszene, hat dies meistens einen Grund und ist für den Fortgang der Story von Relevanz. Während die Pornografie-Forschung durchaus Hinweise darauf gibt, dass pornografisches Bildmaterial negative Konsequenzen wie eine zunehmende sexuelle Objektifizierung von Frauen und eine wachsende Akzeptanz von sexueller Gewalt gegenüber Frauen haben kann, konnte Marker im Rahmen ihrer Masterarbeit zeigen, dass dies nicht für Filme gilt, die Sex – eingebunden in eine richtige Geschichte – darstellen.

Im Rahmen ihrer Forschung zeigte sie den Probanden je einen von zwei Filmen mit oder ohne eine explizite Liebesszene. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Gruppen hinsichtlich der Akzeptanz von sexualisierter Gewalt gegenüber Frauen nicht unterschieden. „Das wichtigste Fazit aus den Ergebnissen war für mich, dass nicht die Sexszene und auch nicht die daraus resultierende sexuelle Erregung für die negativen Konsequenzen verantwortlich ist, sondern dass es anscheinend an etwas anderem liegt“, fasst Marker zusammen.

Das Porno-Empra

Im aktuellen Wintersemester untersuchte Marker mit einer Gruppe von Studierenden im Rahmen des psychologischen Empirie-Praktikums, ob die Darstellung von expliziten Sexszenen in Spielfilmen auch positive Effekte haben kann. „Wir haben etwa untersucht, ob die Darstellung von Sexualität Einfluss auf die sexuelle Offenheit der Rezipienten hat, also zum Beispiel die Akzeptanz von homosexuellen Beziehungen erhöht. Oder aber, ob solche Szenen einen Einfluss auf die sexuelle Zufriedenheit und auf die Stimmung der Zuschauer haben“, führt Marker weiter aus. Tatsächlich deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es in Verbindung mit weiteren Einflussfaktoren positive Auswirkungen gibt. Bei den Studierenden war das Empirie-Praktikum beliebt und wurde, wie Marker lachend erklärt, als ‘Porno-Empra’ gehandelt. Daher war es ihr wichtig, zu Semesterbeginn erst einmal klar zu stellen, dass es sich nicht um Pornografie per se handle und dass im Rahmen des Empirie-Praktikums auch keine Notwendigkeit zur Selbstoffenbarung bestehe.

Lovebots als Bettgefährten

Medienpsychologin Marker interessiert sich auch für die Zukunft der Sexualität. Genauer gesagt für robotische Liebesgefährten, die sogenannten Lovebots. Diese Art von Gespielen ist in Deutschland noch recht selten zu finden. Marker und ihr Promotionsbetreuer Professor Dr. Markus Appel fanden in einer Studie Hinweise darauf, dass eher schüchterne Männer sich für diese Art von Bettgefährten interessieren und auch eher mit dem Gedanken spielen, sich einen Lovebot anzuschaffen.

Die Folgen der Darstellung von Sexualität in den Medien ist nicht nur ein spannendes, sondern auch ein gesellschaftlich brisantes und relevantes Forschungsfeld. „Leider wird in diesem Bereich immer noch viel zu wenig geforscht, vielleicht weil die Wissenschaftler mit diesem Forschungsinteresse nicht in die Schmuddel-Schublade gesteckt werden wollen“, vermutet Marker. Spätestens dann, wenn am diesjährigen Valentinstag der zweite Teil von Fifty Shades of Grey in die Kinos kommt, wäre dies die perfekte Möglichkeit für eine breit angelegte Rezipienten-Feldstudie.

von Constanze Schreiner