Lernen, lehren, forschen

Daniel Kehlmann über die Kunst des Weglassens

Die Transformation des Buchs "Die Vermessung der Welt" in den gleichnamigen Film ist schon mal gelungen: Im vergangenen Jahr füllt der Streifen die Kinosäle. Fotos: Karin Hiller

Die Transformation des Buchs "Die Vermessung der Welt" in den gleichnamigen Film ist schon mal gelungen: Im vergangenen Jahr füllt der Streifen die Kinosäle. Fotos: Karin Hiller

Daniel Kehlmann zu Gast in Landau. Foto: Karin Hiller

Daniel Kehlmann zu Gast in Landau. Foto: Karin Hiller

Es gibt Thesen zu Filmen, die viele schon mal auf einer Party gehört oder selbst gesagt haben. Erstens: Die Fortsetzung ist immer schlecht. Zweitens: Gute Bücher lassen sich nicht verfilmen. Gegen die zweite „Partythese“ führte der amtierende Poetik-Dozent Daniel Kehlmann gestern Abend in der Landauer Festhalle einige Gegenbeispiele an. Im Anschluss diskutierte der Bestsellerautor mit Drehbuchautor und Regisseur Thomas Wendrich und Dr. Anja Ohmer, Leiterin des Zentrums für Kultur- und Wissensdialog, über „Die Kunst der Adaption: Wie aus Büchern Filme werden.“

Die Verfilmung von Kehlmanns bisher erfolgreichstem Roman, „Die Vermessung der Welt“, füllte im vergangenen Jahr die Kinosäle. Und trotzdem sagt er: „Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet.“ Deshalb hat er sich für den Abend Thomas Wendrich ins Boot geholt. Der schrieb das Drehbuch zu Kehlmann Roman „Ich und Kaminski“. Der Film wird momentan mit hochkarätigen deutschen Schauspielern wie Daniel Brühl in Köln gedreht. Im Gegensatz zur Verfilmung von „Die Vermessung der Welt“ – Kehlmann schrieb das Drehbuch und war auch am Filmset involviert – ist er diesmal nicht beteiligt.

Bevor die Herren Kehlmann und Wendrich richtig starten, bekommen Sie die Dozentur von ZKW-Leiterin Anja Ohmer verliehen. Foto: Karin Hiller

Bevor die Herren Kehlmann und Wendrich richtig starten, bekommen Sie die Dozentur von ZKW-Leiterin Anja Ohmer verliehen.

Kelhmann und Wendrich sind sich einig: Aus einem Buch einen Film zu machen, ist alles andere als einfach. Bei „Ich und Kaminski“ liege die Schwierigkeit vor allem im Charakter des Ich-Erzählers Sebastian Zöllner, ein eitler und überheblicher Kunsthistoriker. Zwar habe Wendrich beim Lesen des Romans viele filmische Aspekte entdeckt, doch sei Zöllner alles andere als eine Identifikationsfigur. „Wir müssen versuchen, beim Zuschauer ein wenig Empathie für Zöllner zu wecken“, erklärt Wendrich. „Wenn wir auch nur die Hälfte der zwischen den Zeilen mitschwingenden Ironie und Boshaftigkeit im Film vermitteln können, haben wir schon die Hälfte gewonnen.“

Kehlmann und Wendrich im Gespräch mit Anja Ohmer. Foto: Karin Hiller

Kehlmann und Wendrich im Gespräch mit Anja Ohmer.

In Köln wird gerade Kehlmanns „Ich und Kaminski“ verfilmt. Foto: Karin Hiller

In Köln wird gerade Kehlmanns „Ich und Kaminski“ verfilmt.

Generell sei die Adaption eines Buchs keine Anpassung an den Mainstream, weiß Kehlmann. „Die Kunst in der Literatur ist die Kunst des genauen Hinschauens“, sagt der Autor. Gute Romane seien deshalb detailreich, beschreiben Gesten, Blicke, die Atmosphäre. Ein Film liefert schon viele dieser Informationen mit, zum Beispiel durch die Kulisse und gute Schauspieler. Was ein Film in einer einzigen Einstellung vermitteln kann, dafür braucht ein Autor oft mehrere Seiten. „Ein Film kommt außerdem oft ohne eine Vielzahl der Informationen aus, die dem Leser des Romans gegeben werden“, erklärt er. Und genau darin liege das Geheimnis, wie aus einem guten Buch ein ebensfalls guter Film werde: „Die Kunst der Adaption ist die Kunst des Weglassens.“

Sarah Ochs

Ein Autogramm, bitte: Kehlmann schreibt fleißig Widmungen. Foto: Karin Hiller

Ein Autogramm, bitte: Kehlmann schreibt fleißig Widmungen.