Ihr Arbeitsort hat das Wort „Büro“ im Titel, trotzdem verbringt Lisa Eilers viel Zeit im Freien. 2019 hat sie ihren Master BioGeoWissenschaften am Campus Koblenz beendet. Nun ist sie bei der Dr. Kübler GmbH angestellt, einem Umweltplanungsbüro in der Nähe von Koblenz. Im Interview gibt sie uns einen Einblick in ihren abwechslungsreichen Berufsalltag.
Natur und Büro im Wechsel – das hört sich nach einem Traumjob an. Was genau macht ein Umweltplanungsbüro?
Wir führen Umweltplanungen und Gutachten für Bauvorhaben durch. Zum Beispiel prüfen wir bei einer Erneuerung von Bahngleisen vor Beginn der Maßnahmen nach, ob auf dem Gelände Reptilien oder Vögel leben. Streng geschützte Artengruppen wie Vögel, Fledermäuse sowie Reptilien und Amphibien sind immer relevant für Planungen. Falls ein Bauvorhaben in den Lebensraum solcher Tiere eingreift, kartieren wir das Vorkommen der betroffenen Arten, schreiben wir ein Umweltgutachten und legen Maßnahmen zum Ausgleich fest. Dazu können das Aufhängen von Nistkästen oder das Festlegen von Ausgleichsflächen gehören.
Wie sind Sie an Ihren Job gekommen?
Wie soll es nach dem Abschluss weitergehen? Inspiration bieten unsere Alumni: Ehemalige Studierende erzählen von Karriere, Arbeitsalltag und Erinnerungen an die Studienzeit.
Ich habe schon während des Studiums als Aushilfe bei der Dr. Kübler GmbH gearbeitet, meistens bei Greifvogelkartierungen. Hierbei erfasst man eine oder mehrere Arten, die in einem bestimmten Naturraum leben.
Inzwischen sind sie seit drei Jahren hauptberuflich dabei. Was war Ihr bis jetzt größtes Projekt?
Die Gleis- und Weichenerneuerungen im Großraum Kaiserslautern und dem Saarland. Dort gibt es einige Instandsetzungsmaßnahmen, damit der Bahnbetrieb weiterlaufen kann. Wir begleiten das Projekt in seiner Vorbereitungsphase und schauen, wie der Artenschutz und der Umbau zusammen funktionieren können. Dafür untersuchen den Artbestand und Naturraum an der Strecke. Auf dieser Basis entscheiden wir, welche Maßnahmen verhängt werden müssen, damit geschützte Lebewesen nicht geschädigt werden.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Das kommt ganz auf die Jahreszeit an. Der Winter ist bürolastig, denn die meisten Kartierungen finden im Sommer oder im Frühjahr statt. Im Sommer ist jeder Tag anders. Bei Geländeterminen bin ich den ganzen Tag draußen. Dazu gehören Greifvogelkartierungen. Alternativ laufe ich an Bahngleisen entlang und suche nach Reptilien. Mein normaler Alltag ist sehr saisongebunden. Generell gleichen sich Büro- und Geländearbeit über das Jahr gesehen aber aus.
Welche Kartierungen sind die interessantesten?

Frühmorgens auf einem Kartierungsgang beobachtet Lisa Eilers Brutvögel. Arten, die sie anhand ihres Gesanges nicht genau identifizieren kann, sucht sie durch das Fernglas.
Ganz klar Brutvogelkartierungen. Ich finde es spannend, die einzelnen Vogellaute auseinanderzuhalten. Anfangs fällt das noch schwer. Hören ist ein Sinn, auf den man sich normalerweise nicht primär verlässt. Und man kann den Ton nicht rekonstruieren. Wenn ein Vogel aufhört zu singen, ist der Ton weg, zumindest wenn man ihn nicht aufgenommen hat. Manchmal nutze ich Apps zur Unterstützung. Einige Mitarbeitende greifen auf ein Mikrofon zurück, um die Klänge anhand des Spektrogramms, also einer Visualisierung, nachzubestimmen.
Was war für Sie bisher die größte Herausforderung in Ihrem Job?
Die Vielfalt meiner Tätigkeiten. Das Schönste ist auch gleichzeitig die größte Herausforderung. Es geht weniger um die Arbeitsmasse, sondern eher um das, was in unseren Bereich fällt. Das Aufgabenfeld ist sehr groß. Es ist manchmal erstaunlich zu sehen, wie komplex Zusammenhänge sein können.
Wussten Sie schon zu Studienbeginn, was Sie später machen wollen?
Nein. Ich habe blauäugig angefangen. (lacht) Das Wort „Planungsbüro“ ist mit immer wieder begegnet, aber ich konnte mir nichts darunter vorstellen. Ich dachte: „Büroarbeit, ich weiß nicht.“ Dann habe ich mein Pflichtpraktikum in einem anderen Planungsbüro absolviert. Dabei habe ich gemerkt, dass ich die Arbeit mag. Dann war ich für ein freiwilliges Praktikum bei der Dr. Kübler GmbH und mir war klar: Hier möchte ich arbeiten.

Der Garten direkt hinter dem Planungsbüro lädt zum Verweilen und Entspannen ein.
Warum haben Sie sich für ein Studium an der Universität Koblenz-Landau entschieden?
Die meisten anderen Studiengänge, die ich mir angeschaut habe, waren geographisch ausgerichtet. Das hat mich nicht angesprochen. In Koblenz gibt es einen hohen Biologieanteil und in der schönen Naturlandschaft im Umkreis habe ich mich schnell wohlgefühlt.
Was haben Sie im Studium gelernt, das nicht in Büchern zu finden ist?
Dinge zu hinterfragen, sich selbst organisieren und natürlich Sozialkompetenz. In meinem Job muss man kommunikativ sein und mit Menschen interagieren können. Das ist eine Qualifikation, die ich zum Beispiel über mein Engagement in der Fachschaft entwickelt habe.

Um zu schauen, ob die aufgehängten Fledermauskästen angenommen wurden, werden sie mehrmals kontrolliert und gereinigt.
Was würden Sie Studierenden raten, die sich für Ihre Berufsbranche interessieren?
Eine gewisse Neugier, Eigenmotivation und die Bereitschaft, privat zu lernen, sind wichtig. Einfach mal rausgehen in den Wald, Pflanzen und Tiere bestimmen und an Exkursionen teilnehmen! Es ist besser, wenn ich neue Arten für mich selbst erkennen will als für jemand anderen.
Haben Sie diese Eigenmotivation auch bei Wind und Wetter?
Ich hatte einmal abends eine Schwarzstorchkartierung. Es war bitterkalt und da war ich doch nicht mehr so motiviert. Trotzdem: Ich fühle nach einer solchen Tätigkeit eine andere Zufriedenheit, weil ich nicht mein ganzes Leben nur vor dem PC sitze. Ich bin in der Natur, bekomme viel frische Luft und bewege mich und kann mich gleichzeitig für die Umwelt einsetzen.
Sarah-Maria Scheid